Komturei „Weser und Ems“ in der alten Landkommende Lucklum
24./25. September 2021
Lucklum – der Name der alten Landkommende von Sachsen, die nun zur Komturei „An Weser und Ems“ gehört, hat bei uns Familiaren einen besonderen Klang. Das liegt auch in ihrer Geschichte begründet, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreicht. In dieser Zeit gab es die ersten Landerwerbungen des Deutschen Ordens am Elm. Im Jahre 1263 übergab Bischof Volrad von Halberstadt den Ordensbrüdern die Kirchengüter von Lucklum einschließlich des Patronatsrechts, und zwei Jahre später ist zum ersten Mal ein Komtur, Beteke, namentlich erwähnt, was auf eine Lucklumer Niederlassung schließen lässt. Seit 1287 war Lucklum ein Teil der Ordensprovinz Sachsen. In den nächsten Jahren folgte die Übertragung weiterer Rechte und Besitzungen an den Orden. Die Entwicklung Lucklums spiegelt gerade nach den Kreuzzügen exemplarisch in dem planvollen Ausbau der Macht und des Einflusses des Deutschen Ordens wider. Mit dieser wirtschaftlichen Entwicklung ging einher die geistliche Kultivierung im Zeichen des Kreuzes.
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Familiaren, Damen und Gäste der Komturei „An Weser und Ems“ begaben sich am 24./25. September 2021 auf die Reise in diese jahrhundertelange Geschichte. Diese griff, als wir uns zu Beginn in der Gutskapelle versammelten, Inka Baumann, die evangelische Gutspastorin von Lucklum, auf und verband sie mit ihrem geistlichen Anliegen in der Gegenwart, die Botschaft Jesu auch Kirchenfernen nahezubringen und vor Ort eine Beziehung herzustellen zwischen der göttlichen Schöpfung und der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Gutes. Für die beiden Tage und wohl auch darüber hinaus stellte sie uns die zentrale Frage: „Wie können wir unser Erbe, unseren geistlichen Kern in die Zukunft bringen?“ Damit hatte sie prägnant den Leitgedanken für unsere beiden Tage in Luckum formuliert.
Nach diesem geistlichen Empfang in der Kirche des Gutes beeindruckte uns der Schüler Max Maschke aus Wolfenbüttel mit einem anschließenden Orgelkonzert. Es folgte im Rittersaal, in dem die Porträts der Landkomture dicht an dicht hängen, ein Vortrag von Dr. Marcus Wüst, Bonn, einem Schüler von Prof. Udo Arnold, über „Der Deutsche Orden in Westfalen“. Darin gab er interessante Einblicke in die Geschichte der Ballei Westfalen und ihrer Kommenden und legte die Grundlinien der Balleientwicklung in der Neuzeit dar: Versorgungsinstitut des westfälischen Niederadels, Rückgang des klösterlich geprägten Lebens, Eingriffe des Niederadels in die Exemtion und Immunität des Deutschen Ordens und zunehmende wirtschaftliche Probleme. Die Ballei entwickelte immer mehr ein Eigenleben, das von dem Hochmeister in Mergentheim nicht korrigiert wurde. Der Deutsche Orden, so resümierte Marcus Wüst, stabilisierte durch seine Hospitalbruderschaft und durch den militärischen Dienst das Reich und blieb über die Konfessionsgrenzen hinweg eine einigende Klammer.
Den Abend beschlossen Familiaren, Damen und Gäste mit einem gemeinsamen Abendessen in Wolfenbüttel, wo wir auch das Hotel bezogen hatten. Nach langer Zeit der ‚Treffen-Abstinenz‘ genossen alle dieses familiar-familiäre Beisammensein.
Am nächsten Morgen brachen wir wieder nach Lucklum auf und feierten in der Gutskirche zum Hochfest Kreuzerhöhung die Hl. Messe, die unser geistliche Assistent Norbert Kleyboldt zelebrierte. Er erinnerte an die zentrale Bedeutung unseres Titelfestes: Die Verehrung des Gekreuzigten ist die Grundlage unseres Glaubens; Christus ist am Kreuz gestorben, um alle zu erlösen. Das Kreuz tilgt alle Schuld und schenkt uns Menschen das Heil und die Hoffnung auf ewiges Leben. Im Anschluss an die Messfeier gab uns Prof. Dr. Michael Schilling in einem Vortrag in der Kirche einen Einblick in deren staunenswertes biblisches Emblematik-Programm. Dieses wurde ab dem Jahr 1690 in 156 Bildern mit 210 Inschriften angefertigt. Jedes der Embleme war nach demselben Schema gestaltet: Motto, Bild, Epigramm. Zum Schluss wies Prof. Schilling noch auf eine literaturhistorische Besonderheit hin: Der Dichter Novalis weilte als 12jähriger ein Jahr in Lucklum bei seinem Patenonkel Friedrich Wilhelm von Hardenberg, der Komtur in Lucklum war und sich auf einer Tafel hinter dem Altar verewigen ließ.
Die Kunsthistorikerin Dr. Elisabeth Vorderwülbecke rundete den Vormittag mit einer Führung durch den Rittersaal und weitere Räumlichkeiten sowie durch einen Gang über das ausgedehnte Gelände des Rittergutes ab, führte uns in das Gutscafé, dem ehemaligen Kuhstall, wo unser Besuch in der alten Landkommende Lucklum mit dem Mittagessen endete.
Doch damit war unser Programm noch nicht beendet, denn nun fuhren wir zu der unweit gelegenen Elmsburg. Die Elmsburg, in vorgeschichtlicher Zeit wohl eine Wall-Graben-Anlage, diente zeitweilig als Fluchtburg. Nach einigen Generationen wurde sie wieder verlassen, vor 1000 Jahren aber kamen die Menschen wieder und errichteten in der alten Wallanlage eine Kirche und Burg. Es wird nicht ausgeschlossen, dass man „einen alten heidnischen Platz neu und christlich überprägen“ wollte. Im 1221 übergab der sächsische Herzog Heinrich der Ältere die Kirche auf der Elmsburg mit allen Gebäuden und Ländereien dem Deutschen Orden „zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria zu unserem Heil und zu unserer Vergebung aller unserer Sünden“. Als erster Komtur der Elmsburg ist 1262 Johannes von Wegeleben überliefert. Später wurde die Elmsburg von der Deutschherrenkommende Lucklum genutzt, im Jahre 1433 dann verkauft. Im Laufe der Zeit wurde die Hofstätte nicht mehr bewirtschaftet und verfiel. Reste des Mauerwerks der Burg, die 1809 noch erhalten waren, wurden im Laufe der Zeit abgetragen. In diese geschichtliche Tiefe führte uns die archäologische Führerin aus Helmstedt, und allen wurde vor Ort die lange Tradition des Deutschen Ordens bewusst.
Zum Abschluss erinnerte der Komtur an die anregenden Gedanken der Gutspastorin zu Beginn und an deren Frage, wie wir den geistlichen Kern des Deutschen Ordens in die Zukunft tragen könnten. Am Beispiel Elmsburg und Lucklum bezieht sich dies auch auf die Kultivierung von Natur und Landwirtschaft und auf den Zusammenhang mit menschlichen Lebensarten in der jeweiligen Zeit sowie auf das Bestreben, göttliche Schöpfung und menschliche Lebensformen in Einklang zu bringen. Zudem richtete der Komtur einen großen Dank an den Vizekomtur Heinrich Plate für seine sehr gelungene Vorbereitung und Begleitung der beiden reichhaltigen Tage in Lucklum und auf der Elmsburg. Alle waren sich einig: Wir kommen wieder.