„Nicht Sklave seines Besitzes sein“ - Familiaren feiern Dankgottesdienst zum Abschluss der Investitur in der Würzburger Innenstadtkirche St. Peter und Paul
Aufgrund der vor drei Jahren erfolgte Innenrenovierung ist das barocke Gotteshaus, welches bei einem Fliegerangriff auf Würzburg am 16. März 1945 schwer zerstört wurde, ein Anziehungspunkt für viele Besucher geworden. Eine der Juwelen der Kirche ist die von Johann Wolfgang von der Auwera gestaltete Rokokokanzel mit den vier Evangelisten zu ihren Füßen. Und genau von diesem Ort aus predigte der Hochmeister Frank Bayard im Rahmen des Dankgottesdienstes.
Die Botschaft, die er verkündete, korrespondiert jedoch nicht unbedingt mit der barocken Pracht der Kanzel. „Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.“ Diese Worte hatten zur Zeiten Jesu die gleiche Sprengkraft wie heute. Finden sich nicht gerade unter uns Familiaren viele Consorores und Confratres, die in guten finanziellen Verhältnissen leben und gesellschaftliche Anerkennung erfahren. Jesus spricht auch nicht von Teilen des Besitzes, sondern vom ganzen Besitz. Wie kann man das als Christ im 21. Jahrhundert leben? Es kommt letztendlich, so der Hochmeister, auf die innere Einstellung eines jeden an, an die im Evangelium appelliert wird. Man soll nicht Sklave seines Besitzes und Vermögens sein, indem man sich stetig damit beschäftigt und darüber definiert. Somit ist es eine Frage der Prioritäten, die jeder im Leben setzen muss. Und wir alle wissen, dass man in der letzten Stunde des Lebens ohne Taschen und Vorratsbeutel vor den Herrgott tritt, um sich dann ganz der barmherzigen Liebe Gottes anzuvertrauen. Der ebenfalls einem Orden angehörige Papst Franziskus hat in den Augen des Hochmeisters den richtigen Ton getroffen. „Man soll an die Ränder der Gesellschaft gehen.“ Eine Heilige des Ordens, welche diese zeitlose Botschaft schon im Mittelalter umgesetzt hat, war die aus adeligen Kreisen stammende Elisabeth von Thüringen, welche nicht nur beträchtliche Teile ihres Vermögens für caritative Zwecke gespendet, sondern auch bei der Pflege von Kranken und Alten selbst mit Hand angelegt hat. Den großen Gestalten aus der Kirchengeschichte stehen aber auch eine Vielzahl von Heiligen des Alltages gegenüber, die oft im Verborgenen Gutes tun. Zur inneren Einstellung im Hinblick auf die Geringschätzung des eigenen Besitzes und Ansehens gehören in den Augen des Hochmeisters aber auch Humor und Gottvertrauen, um die die Widrigkeiten des Alltages zu ertragen. Das kann letztendlich nur in der Kreuzesnachfolge Christi geschehen, wobei hinter jedem Karfreitagserlebnis das Licht des Ostermorgens sichtbar ist.
Bei einem bescheidenen Mittagessen in Form einer guten fränkischen Kartoffelsuppe klangen die Investiturtage aus. Die Wahl dieses Gerichtes stellt einen Bezug zu Kirche Peter und Paul her. Denn dort befindet sich die Grabstätte Philipp Adam Ulrichs (1692-1748). Von Beruf eigentlich Jurist beschäftige er sich intensiv mit der Kartoffelzucht und erzielte damit in einem unterfränkischen Gehöft große Erfolge. Letztendlich setze er sein Charisma und seine Talente dafür ein, der Verbreitung einer Nahrungsquelle Vorschub zu leisten, die im 19. Jahrhundert viele Bürger vor dem Hungertod bewahrte. Da aber die Kartoffel zu seiner Zeit überwiegend als Viehfutter eingesetzt wurde, konnte er den großen Durchbruch der „Erdäpfel“ in der Alltagskultur nicht mehr erleben. Erst in der Rückschau des Lebens werden viele Dinge und somit auch Gottes Pläne verständlich. Diese Worte des Hochmeisters passen nicht nur auf den im Volksmund als „Kartoffelprofessor“ bekannten Philipp Adam Ulrich, sondern können uns im Alltag helfen, das Leben zu meistern und viele Dinge auszuhalten, deren Sinnhaftigkeit wir nicht sofort verstehen.
Dr. Dr. Thomas Richter FamOT
Vizekomtur Franken