19. Frankfurter Foren zu Fragen der Zeit am Elisabethfest
Für die Ballei Deutschland konnte Komtur Thomas Jünger FamOT anschließend im Rittersaal der Kommende trotz der pandemiegeschuldeten Widrigkeiten doch 140 Gäste aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben des Rhein-Main-Gebiets willkommen heißen, auf das 800-jährige Bestehen des Deutschen Ordens in Frankfurt eingehen und kurz zur Gründungsgeschichte, besonders der Kaiserurkunde Friedrichs II. vom 10. April 1221, berichten.
Festredner der diesjährigen Frankfurter Foren war Herr Uwe Becker, langjähriger Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt am Main sowie Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen den Antisemitismus, außerdem Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Ehrenpräsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft, zudem Familiare des Deutschen Ordens. Er konnte Glückwünsche zur Berufung als Staatssekretär und neues Mitglied der hessischen Landesregierung entgegennehmen.
Das Thema des Referenten „Vom ‚Nie wieder‘ zum ‚Schon wieder‘ – Antisemitismus heute“ wurde dem Anspruch der Frankfurter Foren, aktuelle Entwicklungen zu beleuchten, gerecht. Uwe Becker verwies darauf, dass Antisemitismus auch im Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und fast 80 Jahre nach dem Holocaust immer noch ein Dauerbrenner ist. Er sei besorgt über wachsende verbale und körperliche Gewalt gegen Juden. Antisemitische Vorfälle, Beschimpfungen oder gewalttätige Übergriffe seien keine Randerscheinungen. Für die Mehrheitsgesellschaft sei Antisemitismus nur etwas unangenehm, für Juden aber ein schleichendes Gift, das in jede Pore ihres Lebens sickere. Man frage sich: Kann ich angstfrei auf eine Demo gehen? Kann ich einen Davidstern tragen? Durch die Corona-Krise habe Antisemitismus leider noch an Aktualität gewonnen. Der Wind blase den Juden mittlerweile stärker ins Gesicht. Verschwörungsmythen machten die Runde. Auch habe sich der Antisemitismus weiter gewandelt – dabei gehe es nicht mehr nur um Juden, sondern auch um Israel als jüdischen Staat. Zu oft verschwimme die Grenze zwischen legitimer und antisemitisch motivierter Israelkritik. Man dürfe nicht nur rechten Antisemitismus anprangern, sondern auch linke und islamistische Judenfeindlichkeit benennen. Um dagegen anzukämpfen, plädierte Uwe Becker für die Sichtbarmachung jüdischen Lebens in der Gesellschaft, die Förderung von Begegnungen sowie die Unterstützung von Veranstaltungen, Projekten und Maßnahmen, die das Judentum, jüdische Traditionen, die Geschichte und die Vielfalt jüdischen Lebens in unserem Land vermitteln und so dem Judenhass entgegenwirken. Hier gebe es ermutigende Beispiele. Allerdings sei unserer Gesellschaft noch zu wenig der eigene Handlungsbedarf im Kampf gegen Judenfeindlichkeit bewusst. Man gehe unbehelligt in eine Kirche zum Gottesdienst, während Juden ihre Synagoge nur dann aufsuchen könnten, wenn diese von bewaffneter Polizei geschützt werde. Diese Gewöhnung und Gleichgültigkeit müsse überwunden werden – durch Engagement aller Bürger.
Beim anschließenden Empfang in den Räumen der Kommende konnten die Gäste bei Wein und Brötchen über das Gehörte lebhaft diskutieren sowie Kontakte pflegen.
Thomas Jünger FamOT
Komtur