Einkehrtag der Ballei Österreich
Der Apostel Judas steht im Zentrum des Geschehens, fast schlangenartig windet er sich um Jesus (Schlange = Satan). Ihn nur als den Verräter zu sehen ist zu einfach, wir können ihn auch sehen als einen der nun endlich Handlungen erwartet, er hat gesehen wie das Volk auf der Seite von Jesus steht – Hosanna rufen sie, Hosanna dem Sohne Davids- sie haben ihn doch schon erkannt als den König – und was tut er? Reitet auf einem Esel ein, in seine Stadt. Endlich sollte Jesus handeln, die herrschende Schicht aufmischen, was er gepredigt hat, wovon Judas so begeistert war, auch endlich beginnen umzusetzen. Die Leute warten doch schon darauf. Man müsste ein wenig nachhelfen, aber wie? In dem man ihn zwingt zu handeln, in dem man ihn zwingt Stellung zu beziehen – eine Verhaftung für eine Nacht im Gefängnis, und dann wird das Volk schon die Freilassung erzwingen, dann müssten die Hohen Priester abdanken und dann ist endlich der Weg frei für Jesus, unserem König. Mit seiner Schuld ist Judas nicht fertig geworden, er wollte nicht dieses grauenhafte Ende aller Hoffnung am Kreuz. Am Ende ist Judas offensichtlich schockiert von den Folgen seines Tuns. Damit kann er nicht leben. Beide sind Tod – Jesus in der Erfüllung seiner Sendung und Judas im Abgrund der Verzweiflung. Judas weiß am Schluss, dass er gesündigt hat, dass er sich von Gott getrennt hat, weil er seinen Weg durchsetzen wollte. Aber wer weiß, ob Judas nicht doch am Boden des Abgrundes dem Auferstandenen und seiner Barmherzigkeit begegnet ist? Dies ist ein kleiner, aber essenzieller Ausschnitt der Betrachtungen, die im Rahmen des Einkehrtages anhand der Buchmalerei von Cfr. Kaiser angestellt wurden. Weitere Betrachtungen waren dem links stehenden Petrus sowie Malchus, dem Diener der hohen Priester, und den herumstehenden Aposteln gewidmet.
MR Prof. Dr. Rudolf Müller FamOT
Balleimeister