Nachruf - S.K.H. Carl Herzog von Württemberg, Ehrenritter des Deutschen Ordens
Nach dem Tod König Wilhelms II, der 1918 abgedankt hatte, gingen Thronanspruch und Hausvermögen an die katholische Linie. Er war der Sohn von Herzog Philipp Albrecht von Württemberg, ebenfalls Ehrenritter des Deutschen Ordens, und seiner Gemahlin Rosa Erzherzogin von Österreich-Toscana. Über seine habsburgische Mutter und seine Großmutter aus dem Hause Bourbon war er bereits von Geburt an in ein großes europäisches familiäres Netzwerk eingebunden, das ihn sehr geprägt hat. Er war sich allerdings bewusst, dass er als erstes ein Württemberger war. Dies drückte sich in seinem ganzen Lebensweg aus: Gymnasium in Riedlingen, Jurastudium in der württembergischen Landes-universität Tübingen, danach Eintritt in die Hofkammer, also die Verwaltung des Familienbesitzes. Er lebte zunächst im Schloss in Friedrichshafen am Bodensee. Nach dem Tod seines Vaters wurde er 1975 Chef des Hauses Württemberg und zog der Tradition gemäß ins oberschwäbische Altshausen und damit in die ehemalige Landkommende der Ballei „Schwaben-Elsass-Burgund“ des Deutschen Ordens.
Seit 1960 war Herzog Carl verheiratet mit Diane Prinzessin von Frankreich, Tochter des Grafen Henri von Paris, Chef des bourbonischen Hauses Orleans und französischer Thronprätendent. Herzogin Diane genießt hohe Anerkennung nicht nur als sehr kreative Künstlerin, sondern auch für ihr soziales Engagement: viele ihrer Werke lässt sie zugunsten ihrer verschiedenen sozialen Stiftungen versteigern. Der Ehe entsprossen nach sechs Kindern 16 Enkelkinder und ein Urenkel.
Als Chef der Hofkammer entwickelte der Verstorbene den ererbten Besitz, der im Wesentlichen aus Forst, Weingut und Liegenschaften bestand, zu einem modernen, erfolgreichen, wie eine Holding geführten und breit aufgestellten Unternehmen, das weit über europäische Grenzen hinaus in Industriebeteiligungen, Immobilien und Wertpapiere investierte. So wurde unter anderem die materielle Basis für den Erhalt von über 70 Kulturdenkmälern des Hauses Württemberg geschaffen. 1997 übertrug er die Leitung der Hofkammer an seinen ältesten Sohn Friedrich, der auch nach ihm der Familienchef werden sollte.
2018 erlebte Herzog Carl jedoch einen schweren Schicksalsschlag, der ihn bis zu seinem Tode gezeichnet hat: Herzog Friedrich kam bei einem Verkehrsunfall mit 56 Jahren ums Leben. Damit waren alle Pläne für eine reibungslose und so erfolgversprechende Nachfolge zunichte gemacht. 2020 gab Herzog Carl seinen Rückzug aus dem Tagesgeschäft seines Hauses aus gesundheitlichen Gründen bekannt und setzte seinen Sohn Herzog Michael in die interimistische Leitung der Hofkammer ein. Dieser führt nun das Unternehmen gemeinsam mit dem Hofkammerpräsidenten.
Herzog Carl bestimmte noch zu Lebzeiten zu seinem Nachfolger als Chef des Hauses den älteste Enkel Herzog Wilhelm, der Sohn Herzog Friedrichs. Er ist 28 Jahre alt, hat in Großbritannien studiert und soll noch bis zur Vollendung seines 30. Lebensjahres Berufserfahrungen sammeln, bevor auch er in die Hofkammer eintreten und sie führen wird.
„Nicht wir haben den Namen vom Land, sondern das Land hat seinen Namen von uns“. Dieses Bewusstsein erfüllte ihn mit Stolz. Er betrachtete seinen Namen, seine Herkunft und seinen Besitz jedoch nicht nur als Privileg, sondern vor allem als Verpflichtung, insbesondere gegenüber den Menschen im Lande. „Wir haben zwar nichts mehr zu sagen, aber trotzdem eine Verpflichtung für die Menschen in dem Land, das unseren Namen trägt.“. Dies war die Überzeugung des Verstorbenen, der das Schlagwort „Noblesse oblige“ ernst nahm.
Herzog Carl war gläubiger katholischer Christ und zeit seines Lebens von einer tiefen Glaubens-gewissheit durchdrungen, von der Gewissheit, dass alles menschliche Leben auf das Ziel der Vollendung in Jesus Christus hinstrebt. So nahm er das Wort aus dem Galaterbrief des Paulus sehr ernst: “Darum, so lange wir leben, lasst uns Gutes tun an jedermann.“ Darauf hatte er sein reicherfülltes Leben ausgerichtet. Er nutzte seinen Namen und Rang, seinen Besitz und seine reichen persönlichen Gaben, um diese Lebensaufgabe bis zuletzt in großherziger Weise zu erfüllen. Der Rahmen dieses Nachrufs würde bei weitem gesprengt, wenn auf all seine Engagements in seinem langen Leben eingegangen würde. Nur dies: Er half, wo es Not tat. Seien es Projekte für Kinder, Alte oder für Flüchtlinge, alle Bedürftigen hatten sein offenes Ohr und er öffnete seine Schatulle. Er tat dies mit großer Selbstverständlichkeit. Mit seiner großen Zugewandtheit und Herzlichkeit, seiner Souveränität, seiner umfassenden Bildung und seiner Fähigkeit, mit Menschen aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Bildung umzugehen und sie für die Erreichung von Zielen zusammenzuführen, hat er Großes für das Land bewirkt. Er bekleidete bis zu 30 Ehrenämter, die er selbstverständlich auch aktiv ausfüllte, engagierte sich unermüdlich besonders für Schulen, Hochschulen, Kulturdenkmäler, Junge Kunst, initiierte großangelegte Spendenaktionen, unter anderem für Entwicklungsprojekte in Afrika oder Südamerika. Eine christlich fundierte, solide Bildung war ihm ein großes Anliegen. So lag ihm zum Beispiel das „Katholische Schulwerk der Diözese Rottenburg-Stuttgart“ in besonderem Maße am Herzen, dessen Vorsitzender und Förderer er 20 Jahre lang war. Er war engagierter Ehrensenator der beiden Universitäten Tübingen und Hohenheim, beide von seinen Vorfahren gegründet. Eine Selbstverständlichkeit war ihm immer die großzügige Unterstützung der Seelsorge in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, bis hin zur Finanzierung der Streaming-Messen aus der Pfarr- und Schlosskirche Altshausen.
So wurde Herzog Carl von Württemberg zu einer prägenden und hoch respektierten Persönlichkeit nicht nur in Oberschwaben, sondern im ganzen Land Baden-Württemberg. Er war im besten Sinne „ein großer Herr“, dem das Land viel zu verdanken hat.
Bereits sein Vater, durch habsburgische Ehefrau, Mutter und Großmutter dem Hause Habsburg engstens verbunden, war Ehrenritter des Deutschen Ordens gewesen. So war es fast schon „natürlich“, dass der Verstorbene in den Deutschen Orden am 11. Mai 1978 als Familiare aufgenommen und am 20. Mai 2009 als Ehrenritter investiert wurde. Er empfand immer eine enge Verbundenheit mit dem Deutschen Orden, insbesondere mit der Komturei „An Tauber, Neckar und Bodensee“, deren Territorium mit dem ehemaligen Königreich Württemberg identisch ist und deren Komtureiwappen die württembergischen Hirschstangen zieren. Es war ihm stets bewusst, dass sein Wohnsitz als Oberhaupt des Hauses Württemberg bis 1806 der Sitz des Landkomturs der Deutsch-ordens-Ballei Schwaben-Elsass-Burgund gewesen ist. Er war ein großer Freund der Komturei, die häufig bei ihm zu Gast war. In großherziger Weise brachte er seine Verbundenheit zum Deutschen Orden und seinen Werken zum Ausdruck und unterstützte den Orden und die Komturei, zuletzt auch bei der Gewinnung von neuen Familiaren in Oberschwaben. „Unser“ beispielhafter Ehrenritter, der sein Leben lang gemäß der alte Deutschordensdevise „serviendo aliis consumor“ lebte, hinterlässt als würdevoller Repräsentant seines Hauses und besonders zugewandter Persönlichkeit eine schmerzliche Lücke. Wir gedenken seiner mit großer Dankbarkeit, höchster Wertschätzung und Anerkennung und werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Wir trauern mit der herzoglichen Familie, insbesondere mit Herzogin Diane, der wir unsere Anteilnahme und tief empfundenes Mitgefühl auch dadurch zum Ausdruck gebracht haben, dass eine Delegation der Komturei „An Tauber, Neckar und Bodensee“ dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen und ihn auf seinem letzten Weg begleitet hat.
Möge unser Bruder Carl in die ewige Herrlichkeit des himmlischen Vaters eingehen.
Joachim Staudenmaier FamOT