„Marburg und der Deutsche Orden“ – ein Beitrag zum Stadtjubiläum Marburg800 in der Elisabethkirche
Die Universitätsstadt Marburg, die auch die Grabeskirche der hl. Elisabeth birgt, feiert im Jahr 2022 ein großes Stadtjubiläum. Historischer Bezugspunkt ist die Erwähnung in der Chronik des Klosters Reinhardsbrunn im Jahr 1222, in der Marburg erstmals als „civitas“ bezeichnet wird. Der Ehemann der hl. Elisabeth, Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, hielt „cum burgensibus civitatis“ eine Gerichtsverhandlung ab. Da der Deutsche Orden bereits zwölf Jahre später, nämlich 1234 in der Stadt ansässig wurde, beschloss die Komturei „An Rhein und Main“ der Familiaren des Ordens, sich mit einer eigenen Veranstaltung an diesem Festjahr zu beteiligen.
Durch die guten Kontakte zum evangelischen Besucherpfarramt der Elisabethkirche konnte die Idee einer ökumenischen Vesper zu diesem Anlass schon bald konkrete Gestalt annehmen: zum einen wurde so das gemeinsame Lob Gottes in Gemeinschaft mit den evangelischen Schwestern und Brüdern (die ja die Kirche in ihrer Obhut haben) möglich, zum anderen konnte damit auch das Stundengebet in der ehrwürdigen ehemaligen Ordenskirche wieder erklingen. Die liturgische Leitung übernahmen Pfarrer Ulrich Hilzinger (Evangelische Elisabethkirchengemeinde) und P. Georg Assel (Superior des Brüderkonventes in Wetter). Eine Schola konnte aus Familiaren und befreundeten Mitsängern gebildet werden, die Orgelbegleitung wie auch das solistische Spiel an der beeindruckenden Klais-Orgel lag in den Händen des katholischen Regionalkantors Oskar Roithmeier. Pfarrer Hilzinger begrüßte die zur Vesper versammelten Gläubigen im Namen der evangelischen Kirchengemeinde und brachte zugleich seine Freude darüber zum Ausdruck, dass dieses Abendlob in ökumenischer Verbundenheit gefeiert werden kann. In seinem auf die Psalmodie und die Lesung folgenden geistlichen Wort konnte Pater Georg zunächst die Grüße und Segenswünsche von Hochmeister Frank aus Wien überbringen, der nicht selbst nach Marburg kommen konnte. Anschließend ging er vom Lebenszeugnis der hl. Elisabeth aus und blickte auf das gegenwärtige Charisma des Ordens und sein Wirken in den Ordenswerken in Deutschland ein; gerade für Menschen in vielfältiger Not kommt so der Glaube auf sie zu und werde im Helfen und Heilen auch heute konkret erfahrbar.
Zusammen mit den Vertretern der befreundeten Ritterorden und Gläubigen aus der Marburger Zivilgesellschaft hatte sich eine stattliche Feiergemeinde versammelt, unter denen als Ehrengast der Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Dr. Thomas Spies, durch Komtur Dr. Dirk Hohn begrüßt werden konnte.
Für den anschließenden Festvortrag wurde Frau Dr. Katharina Schaal, die Leiterin des Universitätsarchivs Marburg, gewonnen. In ihrem detailreichen Vortrag skizzierte sie zunächst die Anfänge des Marburger Hospitals, das Elisabeth nach dem Tod ihres Mannes auf ihrem Witwengut an der Westgrenze der Thüringer Landgrafschaft errichtete. Bereits drei Jahre nach ihrem Tod konnte sich der Deutsche Orden in Marburg ansiedeln und nicht nur die imposante Grabeskirche errichten, sondern auch ein Ordenshaus etablieren, aus dem die spätere Ballei Hessen hervorging. Anhand mannigfacher Beispiele skizzierte die Referentin die innere Struktur des Marburger Hauses, das sich auch in der Stadt mit seinem ausgedehnten Grundbesitz und einem großen Wirtschaftshof zu einer bestimmenden ökonomischen Größe entwickelte. Erst die Auflösung des Ordens durch Napoleon 1809 setzte auch der Landkommende Marburg nach 575-jähriger Geschichte ein Ende. Allein die erhaltenen Gebäude, die bereits am Nachmittag mit einer kundigen Führung durch Herrn Dr. Fritz Laupichler erschlossen werden konnten, geben davon eindrucksvoll Zeugnis.
Am Ende der Feier konnte die Komturei als Gabe einen symbolischen Scheck in Höhe von 800 Euro an das Projekt „Elisabethtaler – Marburg is(s)t solidarisch“ der katholischen Citypastoral Marburg überreichen. Hierdurch wird bedürftigen Menschen der Einkauf „des alltäglichen Brotes“ in den Marburger Bäckereien ermöglicht – sicher ganz im Geist der heiligen Elisabeth! Die Spende nahmen die beiden Referentinnen der Citypastoral, Claudia Plociennik und Marieke Kräling, freudig und dankbar entgegen. Diese kamen als hl. Elisabeth „verkleidet“, um auch ganz bildlich an das Rosenwunder zu erinnern.
Mit einem gemeinsamen Abendessen endete dieser Tag. Der Deutsche Orden wurde hierbei nicht allein in historischer Perspektive, sondern vor allem auch als geistliche Gemeinschaft wahrnehmbar, die in den kirchlichen Grundvollzügen der „liturgia“ und der „diakonia“ auch heute engagiert ist. Mit diesem gelungenen Fest kann sicher der Auftakt zu einer regelmäßigeren Präsenz an diesem Ort geschaffen werden, um das Erbe der hl. Elisabeth, das der „Ordo Teutonicus“ seinerzeit antrat, auch in unseren Tagen fortwirkend zu bezeugen.
Dr. Stefan Wick FamOT und Burkhard Wick FamOT