Der Deutsche Orden in Mainz und das Deutschhaus
Auf Einladung des CV-Zirkel „Moguntia“ konnte Balleimeister Thomas Jünger bei einem Neujahrsempfang zum Thema "Warum vom Deutschen Orden mehr als das Deutschhaus geblieben ist“ den Deutschen Orden vorstellen und auf seine Geschichte in Mainz eingehen, die bislang nur beiläufig erforscht ist, auch Hochmeister Marian Tumler widmete ihr in seinem Standardwerk „Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken“ nur wenige Zeilen.
Markantestes Relikt des Deutschen Ordens in Mainz ist das Deutschhaus, welches als Deutschordensresidenz erbaut wurde. Den Grundstein für das barocke Palais an der Rheinseite der Stadt legte 1730 Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg. Dieser war seit kurzem Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Gleichzeitig hatte er auch das Amt des Hochmeisters des Deutschen Ordens inne. Als solcher beanspruchte er neben seiner eigentlichen Residenz als Erzbischof, dem in unmittelbarer Nähe liegenden Kurfürstlichen Schloss, noch einen weiteren Residenzbau für das Amt das Hochmeisters. Das Ordensritterpalais wurde zu einem der prächtigsten Profangebäude im Kurmainzer Raum gestaltet. Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg war bei der Vollendung allerdings bereits fünf Jahre tot, so dass im Deutschhaus niemals ein Hochmeister des Ordens residiert hat. Während der kurzlebigen Mainzer Republik im Jahre 1793, welche als erste Demokratie auf deutschem Boden beschrieben wird, aber eher jakobinisch war, wurde das Gebäude als Sitz des Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents genutzt. Kurzfristig residierte Erzbischof und Kurfürst Friedrich Karl Josef von Erthal (er trug das Hochmeisterkreuz in seinem Wappen, dazu siehe unten), der 1792 während der französischen Besetzung aus der Stadt geflohen war, nach seinem spektakulär inszenierten (zwölf Mitglieder der Metzgerzunft zogen zum Spott der Jakobiner die Kutsche) Wiedereinzug in Mainz für fünf Tage im Deutschhaus, da seine eigene Behausung unbewohnbar geworden war. Später hatte Napoleon hier seine Residenz, als die Stadt zum französischen Kaiserreich gehörte. Nach der Neuordnung des Wiener Kongresses, als Mainz zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt kam, diente das Deutschhaus als Nebenresidenz des hessischen Großherzogs und nach dem Ersten Weltkrieg als Residenz des Oberbefehlshabers der französischen Rheinarmee. 1945 wurde der Bau bei Bombenangriffen stark zerstört, jedoch 1950/51 in kaum 150 Tagen wieder aufgebaut. Seitdem dient das Palais als Plenargebäude des Landtags Rheinland-Pfalz. An der Rhein- und der Stadtseite ist in den Giebel der Mittelrisalite noch heute das Hochmeisterwappen zu sehen.
Das Deutschhaus bildete den baulichen Höhepunkt der 584-jährigen Deutschordensgeschichte in Mainz. Schon in den ersten Jahren nach seiner Gründung vor Akkon entstanden Ordensniederlassungen nicht nur im Heiligen Land und entlang der Kreuzfahrerrouten, sondern auch im Heiligen Römischen Reich. Eine dieser Kommenden gab es in Mainz. Bereits 1218 übertrug Kaiser Friedrich II. dem Deutschen Orden das Patronatsrecht der am Flachsmarkt in der Nähe des Judenviertels gelegenen Kirche St. Maria unter den Juden (Sancta Maria inter Iudaeos). Diese Verleihung wurde prominent bezeugt durch die Erzbischöfe von Mainz, von Trier und von Köln, die Bischöfe von Halberstadt und Hildesheim, den Landgrafen von Thüringen, den Herzog von Bayern und den Pfalzgraf bei Rhein. Neben erheblichem Besitz in Kastel auf der anderen Rheinseite in der Nähe der „Römerbrücke“ (im Jahr 1257 wird erstmals ein Haus des Ordens in Kastel bei Mainz erwähnt) erlangte der Orden ebenfalls Mitte des 13. Jahrhunderts das Patronatsrecht über die Pfarrkirche Udenmünster oder St. Maria unterm Münster. (An der Stelle des Udenmünsters steht heute die frühere Stifts- und jetzige Pfarrkirche St. Peter. Über ihrem südlichen Seitenportal prangt das Wappen des Deutschen Ordens.) In der Nachbarschaft des Udenmünsters erwarb der Orden dann zusätzlichen Grundbesitz und siedelte 1270 aus Kastel nach Mainz über. Das Mainzer Haus war zu diesem Zeitpunkt wohl direkt vom Komtur in Sachsenhausen abhängig. Erst im 14. Jahrhundert entwickelte die Mainzer Niederlassung eine größere Selbstständigkeit. Die Mainzer Kommende nahm die Funktion einer ständigen Vertretung des Ordens am Sitz des Erzkanzlers des Heiligen Römischen Reiches wahr. Der Erzbischof von Mainz war nämlich der Erste unter den Kurfürsten, der Reichserzkanzler für "Germanien". Die Niederlassung in Mainz gehörte zur Ballei Marburg (Ballei Hessen), die 1543/45 säkularisiert wurde, und war darauf der Ballei Franken zugehörig. 1729 wurde Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz erhoben. Er war zugleich Hochmeister des Deutschen Ordens. Das alte Mainzer Deutschordenshaus am nördlichen Stadtrand von Mainz entsprach nicht mehr dem modernen Repräsentationsbedürfnis eines deutschen Reichsfürsten, der als Mainzer Kurfürst und Erzkanzler des Deutschen Reiches in seiner Hauptstadt zugleich als Hoch- und Deutschmeister residieren wollte. So entstand auf dem Gelände des alten Deutschhauses ein Neubau, der aber zum Rhein hin verschoben wurde und so gleichrangig in einer Flucht mit dem Kurfürstlichen Schloss und der Reichskanzlei lag. 1802 wurde durch Napoleon in den linksrheinischen Gebieten die Aufhebung aller geistlichen Institutionen verkündet. Dies bedeutete das Ende des Deutschen Ordens in Mainz.
Neben dem Deutschhaus hält auch die Ehrenritterwürde, die im Jahre 2020 Bischof Prof. Dr. Peter Kohlgraf verleihen wurde, die historische Verbindung des Deutschen Ordens mit dem Bistum Mainz als spirituelles Band aufrecht. Denn Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg begründete noch im ersten Jahr seiner Mainzer Bischofszeit eine Erb- und Gebetsverbrüderung zwischen dem Mainzer Erzbischof und dem Hochmeister des Deutschen Ordens einerseits und dem Domstift Mainz und den Ordensrittern andererseits. Die Verpflichtung der beiden Reichsinstitutionen bestand im täglichen Gebet füreinander und im gegenseitigen Totengedenken. Der Mainzer Erzbischof nahm das Hochmeisterkreuz sogar in sein Bischofswappen auf. Noch heute ist dies im Hohen Dom zu Mainz in den Glasfenstern der Kapellenreihe des Nordschiffs zu sehen.
Thomas Jünger FamOT
Balleimeister • Deutschherrenmeister