Familientag auf der Wartburg
Am Johannistag fand der diesjährige Familientag der Komturei „Franken“ in Eisenach statt. 18 Confratres und ihre Angehörigen sowie Gäste der Komturei – so der Diözesanbeauftragte der Malteser zu Würzburg Hans-Georg von Mallinckrodt – waren gekommen, um an dem interessanten Programm teilzunehmen. Zur großen Freude der fast 40 Anwesenden konnte Komtur Thomas Koch den Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, begrüßen.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen im „Thüringer Hof“ in Eisenach folgten drei Vorträge im Konferenzraum des Hotels.
Ehrenritter Prof. Dr. Dr. mult. h. c. Udo Arnold referierte über die heilige Elisabeth und stellte die Frage: Huldigte der Orden von Anfang an der Fürstin Elisabeth – zur eigenen Erhöhung? Wahrscheinlich kann man nicht so geradlinig denken, sondern muss ein Sowohl-als-auch in Betracht ziehen. Die Tätigkeit Elisabeths verleugnete den fürstlichen Stand und entsprach dem franziskanischen Ideal. Damit sprach sie die einfache Bevölkerung an, die nach ihrem Tod auch den Hauptanteil der Wallfahrer zum Grab stellte. Diese Wallfahrer konnte und wollte der Orden nicht ausschließen, wohl auch wegen seiner eigenen Gründungsgeschichte als Hospital. Doch sein Wirken drängte immer mehr die Gründungstradition in den Hintergrund – zwischen franziskanischem Armutsideal und den Ansätzen zu territorialer Herrschaftsbildung in Ungarn, in Armenien, im Heiligen Land, in Preußen und Livland lagen Welten. Eine Doppelidentität konnte der Orden auf Dauer nicht entwickeln, auch wenn die Aufgaben an der Heidenkampffront und in der Etappe des Reiches unterschiedlicher Natur waren. Das zeigte sich am deutlichsten in Marburg. Wie die Kirche die gesellschaftlichen Sozialaussteiger Franziskus und Elisabeth durch die Kanonisation rasch in die kirchliche Hierarchie einband, so tat es der Deutsche Orden. Die neue Grabkirche Elisabeths war nicht mehr Franziskus geweiht wie ihre ursprüngliche Grablege, sie erhielt das Hauptpatrozinium des Ordens, die Gottesmutter Maria. Damit wurde Elisabeth bereits in ihrem Grab baulich wie ideologisch von der Himmelskönigin umfangen und trotz ihres von Anfang an bedeutenden Ranges im liturgischen Kalender des Ordens auf Platz drei der Hierarchie unter den Ordenspatronen verwiesen, hinter Maria und Georg. Auch wenn Georg im Kalender anfangs noch eine nachgeordnete Rolle spielte, so wird sein Bedeutungsaufstieg von Preußen aus sichtbar, dem souveränen Territorium, das im 14. Jahrhundert zum Zentrum des Ordens wurde. Der Ritter mit der Aufgabe des Heidenkampfes gab im Orden den Ton an, die Hospitalität trat dahinter zurück. Das bedeutete, dass Elisabeths Bedeutung als Patronin für den Gesamtorden sich nie recht entwickelte, sondern in erster Linie regional auf Marburg begrenzt blieb. Dafür gab es auch außerhalb des Ordens liegende Gründe. Von Anfang an hatte Elisabeth sich nicht als spezielle Heilige für einen Ritterorden geeignet. Das galt ebenso für ein begrenztes Territorium, sei es nun Thüringen oder Hessen – sie wurde sehr rasch zu einer europäischen Heiligen. Sie war dem Deutschen Orden von Anfang an immer mehr entfremdet worden, eine Entwicklung, die er später auffing, indem er seine eigene Elisabethverehrung mithilfe von Franziskanern bzw. Kapuzinern zum Ausdruck brachte. Das bedeutete nicht, dass der Deutsche Orden seine dritte Patronin herabgewürdigt oder gar aufgegeben hätte. Sie blieb im ganzen Mittelalter stellvertretend die Heilige seiner – wenngleich zurückgehenden und sich wandelnden – Hospitaltätigkeit. Erst im Zuge seiner Reform zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfuhr sie eine Umdefinition. Stand sie bislang für eine bestimmte Aufgabe, so wurde sie nunmehr innerhalb des Ordens einer Personengruppe zugeordnet: Maria galt als Hauptpatronin über allen, Georg war der Patron der Ritter, Elisabeth Patronin der Priester. Davon unabhängig gab es persönliche Verehrung, wie etwa durch den Hochmeister und Kurfürsten von Köln im 18. Jahrhundert, Clemens August von Wittelsbach. Erst mit der Wiederbegründung des Schwesternzweiges im 19. Jahrhundert und der im 20. Jahrhundert erfolgten Umwandlung von einem Ritterorden in eine rein priesterlich-karitative Gemeinschaft stieg Elisabeth als Patronin im Deutschen Orden wieder in ihrer Bedeutung.
Confrater und Ehrenritter Senator e. h. Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Salch trug dann zum Thema „Die Arpaden, die heilige Elisabeth und der Deutsche Orden“ vor. Die heilige Elisabeth war das dritte Kind des ungarischen Königs Andreas II. (Arpade) und Gertrud von Andechs-Meranien und kam 1207 in Sarospatak in Ungarn zur Welt. 1211 kreuzten sich die Wege des Ordens und Elisabeths. In diesem Jahr kam die ungarische Königstochter auf die Wartburg nach Thüringen, sie wuchs gemeinsam mit ihrem sieben Jahre älteren zukünftigen Ehemann Ludwig auf. Im selben Jahr ging der Orden nach Ungarn. Es kann nicht an einen Zufall gedacht werden. König Andreas II. verlieh dem Deutschen Orden das Burzenland im Karpatenbogen zum Grenzschutz gegenüber den heidnischen Kumanen. Dort blieb er bis 1225, als er infolge genereller Umbrüche in der ungarischen Entwicklung ausgewiesen wurde.
Landesbischof Friedrich Kramer berichtete humorvoll über die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, die im Jahr 2009 entstand durch den Zusammenschluss der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen. Die evangelische Landeskirche hat ihren Sitz in Magdeburg und ist die Kirche mit den meisten Gebäuden – nämlich 4.000 Kirchen. Ein besonderes Anliegen ist es dem Landesbischof, neue Formen des Gottesdienstes zu entwickeln, um auf die Leute zuzugehen. Hier hat sich der Hausgottesdienst mit Freunden und Nachbarn bewährt. In Thüringen und auch in den anderen Landesteilen der evangelischen Landeskirche sind die Christen in der Minderheit. Entweder ist man evangelisch oder katholisch oder normal, so Friedrich Kramer. In Thüringen ist nur das Eichsfeld überwiegend katholisch, das heute zum neugegründeten Bistum Erfurt gehört. Das katholische Bistum Erfurt wurde 1994 neugegründet und hat eine bewegte Geschichte. 742 vom heiligen Bonifatius gegründet, aber bereits 755 wieder aufgelöst. Thüringen gehörte dann zum Bistum Mainz, später zum Erzbistum Paderborn und Teile zu Fulda sowie Würzburg.
Abschließend machte Landesbischof Kramer schmunzelnd den anwesenden Damen das Angebot, als engagierte Christinnen in der der evangelischen Landeskirche Pfarrerin zu werden. Er habe noch mindestens vier Pfarrstellen zu besetzen. Bevor Bischof Kramer uns noch einen schönen Tag auf dem Nationaldenkmal Wartburg wünschte, gab er uns als Deutscher Orden mit auf den Weg: Lasst uns in Gottes Geist freuen, uns trösten. Lasst uns fröhlich und mutig sein, lasst uns keine Angst haben, sondern hinausgehen und von der Liebe Gottes, von Glaube und Hoffnung weiterreden. Lasst uns Leute einladen, im Glauben mit dabei zu sein.
Komtur Thomas Koch überreichte allen drei Referenten einen fränkischen „Blumenstrauß“ vom Weingut Ruck. Am Nachmittag fuhren die Veranstaltungsteilnehmer auf die Wartburg, um nun in der fast menschenleeren Burg eine interessante Führung zu genießen. Höhepunkt der Veranstaltung war der Festgottesdienst in der Wartburg, den der emeritierte Bischof von Würzburg, S. E. Dr. Friedhelm Hofmann zelebrierte. In seiner Predigt ging Bischof Hofmann auf ein Gespräch mit dem Schauspieler Mario Adorf ein, der gegenüber ihm geäußert habe, dass Gott sich um das Universum kümmere, nicht aber um den Einzelnen, denn dazu habe Gott keine Zeit. Hofmann erwiderte ihm damals, dass es gerade die Größe Gottes ist, sich um den Einzelnen zu kümmern. Türöffner zu Gott sei die heilige Messe. Begonnen hatte der vielfältige und schöne Tag im „Thüringer Hof“. Hier endete er auch auf der Terrasse des Hotels bei einem gemeinsamen Abendessen und Gesprächen bis weit nach Mitternacht.
Besonderer Dank gilt Ehrenritter Dieter Salch, auf dessen Initiative und Vermittlung die Veranstaltung erst möglich wurde.
Jörg Steinhoff FamOT
Komtureikanzler