Schwarze und weiße Legenden des Deutschen Ordens – Unterwegs im Ordensland
Vom 26. September bis 1. Oktober 2023 war eine kleine Ordensdelegation unter Hochmeister Frank in Polen auf den Spuren des Ordens unterwegs. Anlass für die Reise war die Eröffnung einer Ausstellung auf der Marienburg unter dem Titel „Nigra crux – mala crux“. Mit dem Hochmeister waren Althochmeister Arnold Wieland, P. Piotr Rychel und Fr. Fabian Lechner sowie die Confratres Dr. Alexander Knoll und Alexander Meyer-Benz unterwegs.
Nach Ankunft in Danzig fand ein Treffen mit Erzbischof Dr. Tadeusz Wojda SAC in Oliva statt. Der Erzbischof war sehr an der heutigen Struktur und den Aufgaben des Deutschen Ordens interessiert und wünschte dem Orden für sein Handeln den Segen Gottes.
Der Tag der Ausstellungseröffnung begann mit einer heiligen Messe in der Taufkirche der heiligen Dorothea von Montau in Groß-Montau, etwa 20 km von der Marienburg entfernt. In seinen Predigten in Groß-Montau wie auch in Marienwerder, wo die Heilige und Schutzpatronin des Deutschen Ordens die letzten Monate ihres Lebens als Rekluse verbrachte, ging Hochmeister Frank auf deren Lebensweg als Ehefrau, Mutter und Rekluse ein. Gerade ihre letzten Lebensjahre in Marienwerder waren bestimmt durch das Hören, das Fühlen, das immer tiefer Hineingehen in die Gottesbeziehung und Nachfolge, um durch völlige Abgeschiedenheit und Abgetrenntheit von der Welt einerseits Gott zu suchen und andererseits aber im Finden Gottes eine Weisheit zu entwickeln, die viele Menschen angelockt hat, sich Rat bei Dorothea zu suchen. Das Eintauchen in Gottes Geheimnis der Erlösung ist der Weg, auf dem wir alle sein sollten. Es ist der Versuch, Gott nachzufolgen und tief in unserem Herzen immer wieder zu spüren, dass er da ist, dass er neben uns ist und manchmal auch in und durch uns wirkt.
In einer individuellen Führung auf der Marienburg, zu welcher auch Cfr. Domherr André Schmeier aus Allenstein dazustieß, konnte sich die Gruppe eindrücklich in die Geschichte dieses Weltkulturerbes versetzt fühlen. Vor dreißig Jahren war Althochmeister Arnold als erster Hochmeister der Neuzeit auf der Marienburg gewesen, was damals für große Aufregung sorgte. Wo immer die Gruppe in diesen Tagen hinkam, gab es Menschen, die sich mit großer Freude an diesen Besuch des 64. Hochmeisters erinnerten. Am Grab der Hochmeister in der dortigen Annenkapelle wurde dieser und aller Verstorbenen des Ordens im Gebet gedacht. Die Andacht schloss mit dem berührenden Ultima. Der zerstörte Korpus in der Jakobuskirche ist Symbol für die Zerstörung großer Teile der Burg durch russischen Beschuss im Zweiten Weltkrieg.
Bei der Eröffnung der Ausstellung auf der Marienburg stellten Hochmeister Frank und Ehrenritter Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Udo Arnold das gemeinsame Erbe in den Vordergrund. Auf allen Seiten wurde der Deutsche Orden von den jeweiligen Staaten instrumentalisiert und für die eigene Propaganda missbraucht. Verklärung und Manipulation bestimmen weite Teile der gemeinsamen Geschichte. Dies war so im Deutschen Reich, im Nationalsozialismus, im Sozialismus und hält leider im heutigen Polen immer noch an. In der Ausstellung wird dieser Zwiespalt aufgezeigt und in weiten Teilen durch historisch richtig gestellte Inhalte erklärt. Leider kommt der heutige Orden mit seinen Aufgaben zu kurz. Ein schöner Abschluss wäre ein Bild von den Ordensschwestern am Krankenbett gewesen. Beeindruckend war ein sehr großes Gemälde (10 x 5 m, Leihgabe aus Lemberg/Ukraine), welches besonders das Interesse der Medien auf sich zog.
Die folgenden Tage waren bestimmt durch den Besuch vieler ehemaliger Orte, Schlösser und Burgen des Deutschen Ordens. So in der Sommerresidenz der Hochmeister in Stuhm, in Marienwerder im Schloss des Ordenskapitels und im Dom an der Gruft der dort begrabenen drei Hochmeister. An vielen Altären wurde zum ersten Mal seit über 400 Jahren wieder von Priestern des Deutschen Ordens die heilige Messe gefeiert. Nach dem Mittagessen mit Dompfarrer Ignacy Najmowicz ging es von Marienwerder weiter zur Ordensburg Mewe, heute ein Wellnesshotel, und zum Bischofssitz Pelplin.
Der Folgetag begann mit der Besichtigung von Kulm, einer heiligen Messe in der Pfarrkirche und einem Empfang durch Bürgermeister. Im historischen Rathaus ist ein kleines Heimatmuseum zur Geschichte der Stadt und des Deutschen Ordens eingerichtet. Nach der Besichtigung der Burgruine in Bischöflich Papau, der einzigen vollständig aus Feldsteinen errichteten Burg im Ordensland, ging es nach Kulmsee. Im Dom des inkorporierten Kapitels liegt Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen begraben. Leider wurde der Grabstein zersägt und als Treppenstufen verwendet, sodass weder die Grabstelle selbst zu erkennen noch ein Hinweis zu finden ist. Im Ordensschloss Birgelau (heute ein diözesanes Exerzitienhaus) wurde eine heilige Messe in der sehr schönen Schlosskapelle gefeiert. In Thorn konnte sich die Reisegruppe mit dem Dompfarrer Marek Rumiński bei einem Kaffee zu Geschichte und Politik austauschen, einem spannenden Menschen mit einem großen Herz. Die alte Thorner Ordensburg ist in großen Teilen eine Ruine. Das alte Deutschordensschlosses Gollub ist leider sehr oft umgebaut worden und beherbergt heute ein Hotel. Schloss Rheden (Burgruine) wird von einem umtriebigen Verein bewirtschaftet, welcher die Delegation herzlichst empfangen und bewirtet hat.
Den Abschluss des Besuches im Ordensland bildete Danzig. Die Basilika der heiligen Brigitta ist sehr eng mit der Arbeiterbewegung der 1980er Jahre (Solidarność) verbunden. Im Chor befindet sich ein elf Meter hoher Bernsteinaltar. Nach seiner Fertigstellung werden ihn über sechs Tonnen Bernstein schmücken. In der Marienkirche in Danzig wurde ein letztes Mal heilige Messe mit der Gemeinde gefeiert. Es war ein sehr beeindruckendes Erlebnis, in dieser alten Kirche des Deutschen Ordens mit den polnischen Mitchristen Eucharistie feiern zu können und für das polnische Volk und unseren Orden Fürbitte zu halten. Unser Besuch endete mit einem Mittagessen mit Dompfarrer Prälat Ireneusz Bradtke. Er lud den Hochmeister zum Gedenktag der heiligen Dorothea nach Danzig ein, wo seit einigen Jahren ein zunehmende Verehrung der Heiligen spürbar wird. Mit Blick auf das Bernsteinmonopol, das der Orden über Jahrhunderte besaß, schenkte der Dompfarrer dem Hochmeister ein Bernsteinpektorale. Der Hochmeister erwiderte mit der Stiftung eines Gewölbesternes für die Seitenkapelle der heiligen Dorothea.
Ein herzlicher Dank gilt P. Piotr Rychel, der die Reise perfekt organisiert hatte. Das behutsame, aber dennoch klare und sichtbare Auftreten des Deutschen Ordens im Ordensland sowie die vielen freundschaftlichen und wertvollen Begegnungen haben den Orden und das polnische Volk in diesen schwierigen politischen Zeiten wieder ein gutes Stück näher zusammenbringen können.
Gott schütze unseren Deutschen Orden!
Alexander Meyer-Benz FamOT
Balleikanzler