Aufbruch in stürmischen Zeiten
„Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.“ (Martin Gotthard Schneider, 1963, Evangelisches Gesangbuch 609)
… dieses Schiff hat seit dem 13. April 2024 ein kleines Segel mehr.
Hochmeister Frank errichtete in einem feierlichen Gottesdienst an diesem Tag in der Elisabeth-Kapelle des Deutschordens-Seniorenhauses (DOS) in Erfurt die neue Subkomturei „Sachsen und Thüringen“ der Ballei Deutschland der Familiaren des Deutschen Ordens. Damit begann für die zehn in Sachsen und Thüringen aktiven Mitglieder des Deutschen Ordens ein neues Kapitel in der Geschichte ihrer Gemeinschaft in Mitteldeutschland. Mit dieser Errichtung in einem äußerst säkularen, aber menschennahen Umfeld möchten sie zeigen, dass sie großes Vertrauen darin haben, dass Gott auch mit ihnen die „Zukunft“ seiner Kirche sichtbar gestalten will.
Bisher gehörten die in Sachsen und Thüringen ansässigen Familiaren zur Komturei „An Rhein und Ruhr“ und dies kam so: Nach der politischen Wende in der ehemaligen DDR keimte sehr früh der Wunsch der Familiaren der Kölner Region des Deutschen Ordens, das Wirken des Ordens wieder in seinem Stammland zu verankern und caritativ tätig zu werden. Hatte das Erzbistum Köln mit seinem Erzbischof Dr. Joachim Kardinal Meisner doch einen Oberhirten, der 1975 zum Titularbischof von Vina und Weihbischof des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen ernannt und durch den Apostolischen Administrator von Erfurt, Bischof Hugo Aufderbeck, zum Bischof geweiht worden war. Zugleich war Kardinal Meisner Ehrenritter des Deutschen Ordens. Nach reiflichen Vorüberlegungen und der Suche nach einem geeigneten Projekt entschieden sich die Kölner Familiaren, es in der Landeshauptstadt Thüringens mit einer Einrichtung der Altenhilfe zu wagen.
Bereits Ende 1992 bzw. Anfang 1993 übernahm der Deutschordens-Wohnstift Konrad Adenauer e. V. in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt ein ähnlich bedeutendes Seniorenzentrum, wie er es bereits seit 1976 in Köln-Brück betreibt. Das Gebäude des heutigen Deutschordens-Seniorenhaus wurde Mitte der 70er Jahre erbaut und seit 1976 als kommunales Feierabendheim „Clara Zetkin“ betrieben. Es als befindet sich im Norden der Stadt im Neubaugebiet Rieth, direkt am Fluss Gera. In den Jahren 2000 bis 2005 wurde das Haus im Innern so gestaltet, dass es modernsten Ansprüchen im Wohnen und Betreuen Rechnung trägt. Im Deutschordens-Seniorenhaus Erfurt finden in zehn Wohnbereichen 270 Bewohner und Bewohnerinnen in 172 Ein-Personen- und 49 Zwei-Personen-Appartements ein neues Zuhause. Das Deutschordens-Seniorenhaus ist derzeit die größte Einrichtung der Altenhilfe im Freistaat Thüringen. 2015 wurde das Angebot durch neues modernes Wohnen mit Service mit dem Haus Ahorn und 2021 mit dem Haus Rosengarten erweitert. 25 mindestens barrierearme Wohnungen mit unterschiedlichem Zuschnitt geben den Bewohnern ein neues zu Hause, wo sie verschiedene Dienstleistungen (wie die Mahlzeitenversorgung, Waschen der persönlichen Wäsche oder die Reinigung der Wohnung) in Anspruch nehmen können.
Im Jahr 1999 übernahm der Trägerverein Deutschordens-Wohnstift Konrad Adenauer auch in Jena das noch im Rohbau befindliche Projekt von den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vincenz von Paul aus Fulda. Bereits 2001 konnte das fertige "Altenzentrum Luisenhaus" eingeweiht werden. Später wurde die Sozialstation zur häuslichen Versorgung älterer Menschen in ihren eigenen vier Wänden angeschlossen. Das Altenzentrum Luisenhaus bietet Wohnraum für 101 hilfebedürftige Menschen. Darüber hinaus wird seit 2008 ein Konzept für ältere Ehepaare umgesetzt. Hierzu wurde eine alte Villa so umgebaut, dass Seniorenwohnungen entstanden sind. Diese werden an Menschen vermietet, bei denen in der Regel einer Hilfeleistungen benötigt und der andere ältere Mensch ohne Hilfebedarf ist.
Neben dem Auf- und Ausbau der Hilfswerke waren und sind die Familiaren der Komturei „An Rhein und Ruhr“ seit Anfang der 2000er Jahre bemüht, Mitstreiter in Sachsen und Thüringen zu finden, die bereit sind, die Ordensideale mit ihnen zu leben und umzusetzen. Im Jahr 2013 konnten die ersten ortsansässigen Familiaren in Aschaffenburg investiert werden. Seit dem wächst diese kleine Schar. Um eine Brücke zwischen den Confratres in Sachsen und Thüringen und der übrigen Komturei zu bilden, gestaltete sich ein reger geistiger und geistlicher Austausch und Cfr. Dr. Olaf Zucht arbeitete seit 2010 im Komtureivorstand mit. Darüber hinaus nahmen die „Sachsen“ und „Thüringer“ rege und oft in großer Zahl an den Veranstaltungen und Feierlichkeiten der Ordensfamilie teil, um das Charisma des Ordens aktiv zu verinnerlichen und zu begleiten.
Die großen Entfernungen quer durch ganz Deutschland erwiesen sich aber zunehmend als unpraktisch, dauerhaft aktives Ordensleben vor Ort zu gestalten. So wurden seit 2017 konkretere Überlegungen und Bemühungen unternommen, die kleine Schar in die Selbstständigkeit zu entlassen. Ein nun sichtbares Zeichen dafür, konnte am 13. April 2024 mit der Gründung der Subkomturei gesetzt werden.
Für die Unterstützung und Begleitung der Mitglieder der Komturei „An Rhein und Ruhr“ auf diesem Weg danken wir ausdrücklich. Vor allem den Komtureivorständen und den verstorbenen Komturen Dr. Klaus Dahmen und Werner Hartmann sowie den „Aufbauhelfern der ersten Stunde“ vor Ort Cfr. Alfons Herweg, Cfr. Winfried Müller und Cfr. Elmar Schuler – um nur einige wenige zu nennen – danken wir von ganzen Herzen namentlich. Ebenso gilt unser Dank den jeweiligen Balleileitungen. Natürlich gilt der Dank allen, die uns bis hier hin, durch Tat und Gebet unterstützt haben. Herzliches Vergelts Gott!
„Viel Freunde sind mit unterwegs auf gleichen Kurs gestellt. Das gibt uns wieder neuen Mut, wir sind nicht mehr allein. So läuft das Schiff nach langer Fahrt in Gottes Hafen ein.“
Zur feierlichen Gründung der neuen Subkomturei zeigte das sich das DOS und die Stadt Erfurt im schönsten Frühlingswetter. Am feierlichen Gründungsgottesdienst im DOS nahmen zahlreiche Bewohner, Mitarbeiter, Consorores und Confratres teil. Auch der Bischof des Bistums Erfurt Dr. Ulrich Neymeyr konzelebrierte im Gottesdienst und überbrachte ein Grußwort. Die Bischöfe Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Wolfgang Ipolt (Görlitz) waren leider verhindert, deren Grußworte verlas Balleimeister Thomas Jünger in seinen eigenen Wünschen an die neue Subkomturei.
Besonders beeindruckend am feierlichen Gottesdienst war das Einbringen der Mitarbeiter des DOS, welche an 365 Tagen im Jahr uns helfen, die Charismen des Deutschen Ordens umzusetzen, ohne selber Mitglieder im Orden zu sein. So stellten sie auch eine kleine Schola und trugen jeweils eine Fürbitte vor. Eine ökumenische Brücke wurde im Gottesdienst geschlagen, in dem die seit neuesten für das DOS zuständige Pastorin, Annett Kürstner, die Lesung des Tages vortrug.
Eine gute Tradition ist es, dass sich die befreundeten Ritterorden in der Wertschätzung des gemeinsamen christlichen Wirkens bei solchen Feierlichkeiten gegenseitig durch die Teilnahme von einigen ihrer Mitglieder beehren. So konnten Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem der Komturei „St. Elisabeth von Thüringen“ und der Komturei „Konstatin der Große“, Mitglieder der Sächsischen und Provinzsächsischen Genossenschaft des Johanniterordens sowie Mitglieder des Malteserordens als Gäste begrüßt werden, die der neuen Subkomturei wohlwollende Wünsche in ihren Grußworten mit auf den Weg gaben.
Nach dem Gottesdienst gab es reichlich Zeit, in den Räumlichkeiten des DOS miteinander ins Gespräch zu Kommen und mit einem Glas Sekt auf das Begonnene anzustoßen – auch für das leibliche Wohl hatte die Küche reichlich gesorgt.
Die Gründung der neuen Subkomturei endete am darauffolgenden Sonntag mit der Teilnahme an einem Dankhochamt im Hohen Dom St. Marien zu Erfurt.
„Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein, sonst ist man auf der weiten Fahrt verloren und allein. Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht, wenn er sein Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht.“
Mit großer Freude und Dankbarkeit schaut die neue Subkomturei auf diese schönen Tage zurück und äußert die Bitte um das fürbittende Gebet, „… dass der Same aufgehe und reiche Frucht bringe.“
Dr. Olaf Zucht FamOT
Subkomtur