Besuch des Hochmeisters beim Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht
Auf Einladung des Landkomturs des Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht (RDO), Jan Reint Baron de Vos van Steenwijk, besuchte Hochmeister Frank vom 19. bis 21. April 2024 Utrecht. Den Hochmeister begleitete eine kleine Delegation mit Generalprokurator P. Christian Blümel, Familiarenreferent Alexander Meyer-Benz, Balleimeister Thomas Jünger, Archivar Bernhard Huber, Prof. Dr. Helmut Flachenecker und Dr. Katharina Kemmer von der Forschungsstelle Deutscher Orden sowie Sekretär Florian Weber.
Die Ballei Utrecht hat ihren Ursprung im Jahr 1231, als der Ritter Sweder van Dingede und seine Frau Beatrix dem Deutschen Orden ein direkt vor den Mauern der Stadt Utrecht gelegenes Stück Land schenkten. Hier sollte ein eigenes Haus errichtet werden, von welchem aus die Ritter- und Priesterbrüder ihrer Arbeit nachgehen konnten. Von Utrecht aus verwaltete der Landkomtur die rasch erweiterten Besitzungen des Ordens in den nördlichen Niederlanden. Die Ballei Utrecht zählte schließlich fünfzehn Kommenden. Bis zum Jahre 1640 unterstand die Ballei dem in Mergentheim residierenden Hoch- und Deutschmeister. Auch in der Zeit der Reformation und des niederländischen Aufstandes gegen Spanien hielt die Ballei am katholischen Glauben fest. Die Utrechter Stände drängten jedoch die Ordensritter, sich vom Hochmeister loszusagen, was letztlich durch die Aufhebung der Zölibatsverpflichtung im Jahre 1640 geschah. Damit war der Bruch mit dem Hochmeister und dem Gesamtorden erreicht. In Folge wurde aus der Ballei Utrecht eine Institution für protestantische, meist verheiratete Adelige. Im Jahre 1811 verfügte Kaiser Napoleon die Aufhebung der Ballei Utrecht, die aber vier Jahre später unter dem niederländischen König Wilhelm I. rückgängig gemacht wurde. Neben niederländischen Adeligen konnten auch Männer aus deutschem Adel aufgenommen werden, Voraussetzung war eine reformierte Konfessionszugehörigkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die niederländische Staatsbürgerschaft eine weitere Voraussetzung für die Mitgliedschaft geworden. Im Jahre 2006 wurden die Aufnahmebedingungen gelockert, jedoch gilt auch heute noch, dass die Mitglieder aus niederländischen, protestantischen Adelsfamilien stammen müssen, die vor dem Jahre 1795 in den Adelsstand erhoben wurden. Die Aufgaben der Ballei Utrecht waren identisch mit denen des Gesamtordens, der Kampf für den christlichen Glauben und die Pflege von Kranken und Verwundeten. Im Jahre 2006 wurde die Ballei Utrecht zu einer rein caritativen Institution.
In den 1980er Jahren bekam der Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht (RDO) die Gelegenheit, das alte Deutschhaus zurückzukaufen. Das Kapitel beschloss, nur einen Teil des Ensembles zu erwerben: das Haus des Landkomturs, die Überreste der Ordenskirche und einige um einen Innenhof gruppierte Nebengebäude. Das alte Haupthaus wurde zu einem Hotel-Restaurant umgebaut, das nach dem prominentesten Besucher des Deutschhauses, Kaiser Karl V. benannt wurde. Nach einer umfassenden Restaurierung wurde das Deutschhaus im Jahr 1995 feierlich wiedereröffnet. Von hier aus setzt die Ballei Utrecht ihre alte Tradition der Fürsorge für Kranke und Schwache fort. Daneben fördert der RDO wissenschaftliche Forschungsarbeiten und kulturhistorische Projekte mit direktem Bezug zur Ordensgeschichte.
Nach dem Bruch mit dem Gesamtorden im Jahre 1640 gab es immer wieder Versuche einer Vereinigung, die alle scheiterten. Die Bemühungen um eine Reunion mit der rein calvinistischen Ballei wurden erst Anfang des 19. Jahrhunderts unter Hochmeister Anton Viktor eingestellt, nachdem die politischen Veränderungen in Europa durch Napoleon und den Wiener Kongress dafür keinen Raum mehr ließen. Doch seit einigen Jahren gibt es wieder Kontakte. Im Jahre 2014 konnte der damalige Hochmeister Dr. Bruno Platter anlässlich einer Investitur in Hamburg den Landkomtur der Ballei Utrecht begrüßen. Im darauffolgenden Jahr besuchte Hochmeister Bruno die Ballei Utrecht zur Eröffnung einer Ausstellung über den Deutschen Orden. Auf der wissenschaftlichen Ebene, besonders der Internationalen Kommission für den Deutschen Orden, gibt es rege Kontakte. Hieran knüpfte der jetzige offizielle Besuch des 66. Hochmeisters an.
Einer Besichtigung des RDO-Archivs, durch den Balleihistoriker Prof. Dr. Renger de Bruin geleitet, schloss sich zum Auftakt des Besuchs eine Führung durch das Deutschhaus an, die der Landkomtur persönlich übernahm. Das Deutsche Haus in Utrecht strahlt nach vorbildlicher Restaurierung und Wiederherstellung historischer Ensembles wieder in altem Glanz. Beeindruckend waren der Kapitelsaal ebenso wie die Porträts aller Landkomture seit dem 13. Jahrhundert. Beim abendlichen Empfang und festlichen Diner waren die Ritter der Ballei Utrecht sämtlich anwesend und unterstrichen damit die Bedeutung des hochmeisterlichen Besuchs. In seiner Tischrede drückte Landkomtur Baron de Vos van Steenwijk seine große Freude aus, Hochmeister Frank als Gast begrüßen zu dürfen, er sei in der Neuzeit erst der dritte Hochmeister nach Georg Hund von Wenckheim im Jahre 1570 und 445 Jahre später Dr. Bruno Platter im Jahre 2015, der Utrecht einen Besuch abstatte. Der Hochmeister betonte in seinem Grußwort die gemeinsame Geschichte von über 400 Jahren. Immerhin gehöre das Deutsche Haus zu Utrecht zu den ältesten Niederlassungen des Ordens in Europa. Auch wenn sich die Wege im 17. Jahrhundert getrennt hätten, so bleibe doch das christliche Wertsystem und der Auftrag des Ordens in der jeweiligen Zeit und im konkreten Umfeld zu helfen und zu heilen gemeinsames Erbe und Auftrag. Und der Hochmeister erinnerte daran, dass im Kapitelsaal der Hochmeisterresidenz in Mergentheim ein Stuhl für den Landkomtur der ballei Utrecht freigehalten wurde. Als Zeichen der Verbundenheit verlieh Hochmeister Frank das Verdienstkreuz des Deutschen Ordens an Landkomtur Baron de Vos van Steenwijk, auch als Anerkennung für die finanzielle Unterstützung des jährlichen Segeltörns der Deutschordenswerke in der Ostsee wie auch der Forschungsstelle Deutscher Orden in Würzburg.
Der zweite Tag des Besuchs galt dem Kennenlernen von Utrecht, seiner mittelalterlichen Altstadt, dem Utrechter Dom, einem der bedeutendsten Kirchengebäude der Niederlande, in dem die Herzen der deutschen Salierkaiser Konrad II. und Heinrich V. bestattet wurden, der römisch-katholischen St.-Katharinen-Kathedrale, dem Papsthaus, in welchem 1459 der spätere Papst Hadrian VI. geboren wurde, und dem Catharijneconvent, einem bedeutenden Museum für Religionsgeschichte.
Am darauffolgenden Sonntag feierte die Reisegruppe des Ordens zunächst die Sonntagsmesse in der Vredelskapel van de Catharinakathedraal, bevor man sich zum Gespräch zwischen den Delegationen des Hochmeisteramts und des RDO in Maasland, einem Dorf nahe Den Haag und früher Kommende der Ballei Utrecht, traf. Agendapunkte waren die Fortsetzung der Kontakte, die Unterstützung karitativer Projekte, die Zusammenarbeit im Bereich der Archive, sonstige Forschungsprojekte und Publikationen. Den Abschluss des Besuches bildete am Abend ein ökumenischer Vespergottesdienst in der Dorfkirche Maasland, einer ehemaligen Ordenskirche, welchem Koadjutor Pastor Bernhard Baron van Verschuer und Hochmeister Frank vorstanden. Die große Kirche war durch die zahlreich erschienenen Einwohner von Maasland gut gefüllt.
Mit einer Gegeneinladung des Hochmeisters nach Wien verabschiedeten sich Gastgeber und Gäste nach den Tagen des vertieften Kennenlernens. Die Begegnungen waren von großer Herzlichkeit und einem Geist der Gemeinsamkeit getragen, der die Jahrhunderte der Trennung überdauert hat.
Thomas Jünger FamOT
Balleimeister • Deutschherrenmeister