Familientag in Bayreuth
Ein herausragender Programmpunkt der Komturei „Franken“ ist der Familientag. Diese Veranstaltung ist nicht Selbstzweck, sondern sie dient dazu, unsere Gemeinschaft in ungezwungener Atmosphäre zu erleben, den persönlichen Austausch zu fördern und nicht zuletzt die Kulturschätze Frankens näherzubringen.
So trafen sich die Confratres und ihre Angehörigen vor dem Weltkulturerbe Mark-gräfliches Opernhaus zu Bayreuth, unter ihnen auch der Regierungspräsident von Oberfranken, Cfr. Florian Luderschmid, um an einer eigens für die Komturei organisierten Führung teilzunehmen.
Das Markgräfliche Opernhaus ist das besterhaltene Beispiel eines freistehenden barocken Hoftheaters, das 1748 für die Hochzeit des einzigen Kindes von Markgraf Friedrich und Markgräfin Wilhelmine erbaut wurde. Letztere, Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen oder auch Wilhelmine von Bayreuth, war die älteste Tochter von zehn überlebenden Kindern des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. Als Kunstmäzenin, Komponistin und Opernintendantin prägte sie in bedeutendem Maße das kulturelle Leben der Stadt Bayreuth bis in die heutige Zeit.
Der Architekt des neuen Opernhauses war der Italiener Giuseppe Galli Bibiena, ein führender Theaterarchitekt seiner Zeit. Das Opernhaus ist vom Typus des italienischen Logentheaters und entstand in einer Rekordbauzeit von vier Jahren, da für den Innenausbau zum Teil vorgefertigte und außerhalb der Baustelle bemalte Architekturglieder verwendet wurden. Im Theater und in den Ausstellungsräumen konnten wir die Geschichte des Opernhauses und der barocken Theaterwelt mit allen Sinnen erleben. Rekonstruierte Theaterkostüme und Modelle veranschaulichten barocke Bühneneffekte bis ins kleinste Detail. Parallel dazu gab es extra eine Kinderführung. Im Anschluss an die Führungen saßen wir in gemütlicher Runde im pfarreigenen Schlossturmsaal beim Essen zusammen. Es gab ein leckeres italienisches Büffet mit Fisch und Fleisch.
Nach dem Mittagessen zeigte uns Cfr. Florian Luderschmid den Landratssaal, sein Empfangszimmer sowie sein Arbeitszimmer im Präsidialbau in der Ludwigsstraße. Diese drei Räume im Jugendstil wurden vor ihrem Einbau in Bayreuth auf der Weltausstellung in St. Louis, USA, im Jahr 1904 gezeigt.
Von der Regierung von Oberfranken spazierten wir zum Haus Wahnfried, wo wir im Richard Wagner Museum von Dr. Sven Friedrich, dem Museums- und Archivdirektor, empfangen wurden. Mit einer fesselnden Führung durch das Museum und das ehemalige Wohnhaus „Wahnfried“ ließ uns Dr. Friedrich in das Leben und Wirken Richard Wagners und seiner Familie bis in die heutige Zeit eintauchen.
Anschließend trafen wir uns erneut im Schlossturmsaal neben der Schlosskirche, um uns mit Kaffee und Kuchen zu stärken. Um 17:00 Uhr feierte Cfr. Dr. Christian Steger, der Pfarrer der Schlosskirche ist, mit uns eine Vesper. Den Tag ließen wir im „Oskar“ bei einigen Bieren und guten Gesprächen, insbesondere mit unseren Gästen, ausklingen.
Der zweite Tag begann um 11:00 Uhr mit der heiligen Messe. Pfarrer Steger ging in seiner Predigt zunächst auf den Text aus dem Buch Genesis ein, die Erzählung vom Sündenfall der ersten Menschen, die sich die Freiheit nehmen konnten und es auch taten, vom verbotenen Baum der Erkenntnis zu essen und nach dem Verzehr vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zuerst auf das schauten, was sie vom anderen unterschied. Der Mensch und sein freier Wille, der sogar Gott eine Grenze zu ziehen imstande sei, so zitierte Steger die heilige Edith Stein. Als ihnen die Augen aufgegangen waren, schauen sie zuerst auf das, was sie unterscheidet. Der Vergleich stehe am Anfang allen Übels, in ihm, der sogenannten Erbsünde, sei die Spur gelegt zur Suche nach dem eigenen ich, und dies auf dem Weg der Erkenntnis des Unterscheidenden. Mit der aktuell extrem betriebenen Suche nach dem Eigenen, der nicht unumstrittenen Diskussion um die „Identität“ des Menschen habe sich das Gemeinsame, das Verbindende immer weiter aufgelöst. Mit Blick auf das Evangelium machte Steger das am Beispiel Jesu deutlich. Jesus kommt in seine Heimat und soll sofort in alten Mustern domestiziert werden, man merkt zuallererst, dass er anders sei, dass er „von Sinnen“ sei. Zorn und Sorge gleichermaßen sollen Jesus einschüchtern, doch der zeigt die eigentliche Freiheit, die Freiheit dessen, der sich ganz im Vater zuhause wisse. Am Tag der Europawahl sei dieser Text sehr passend, denn wo noch vor wenigen Jahrhunderten, Jahrzehnten gar eine andere Sprache nur zum Unterscheidungskriterium eines kriegerischen Nationalismus sei, habe Europa daneben noch ein anderes gemeinsames Erbe, Jesus von Nazareth und seine Botschaft.
Anschließend führte Cfr. Stefan Haas durch die sogenannte Eremitage, ursprünglich ein Waldgehege, das Markgraf Georg Wilhelm in den Schauplatz eines höfischen Eremitenspiels umwandelte. Man kleidete sich in Mönchskutten, schlief in kahlen winzigen Zellen und aß mit Holzlöffeln aus irdenem Geschirr. Wilhelmine, die das Gelände von ihrem Ehemann Markgraf Friedrich als Geburtstagsgeschenk erhielt, ließ die Eremitage im großen Stil zu einem barocken Garten umgestalten. Der Familientag endet in einem nahegelegenen Biergarten.
Die Komturei Franken hat nun schon eine ganze Reihe von Familientagen erleben dürfen. Der Familientag am letzten Wochenende in Bayreuth gehört mit Sicherheit zu den herausragenden Erlebnissen und wird uns allen lange in Erinnerung bleiben. Was bleibt? Der Dank an die Familiaren Stefan Behrendt und Stefan Haas sowie ihre Angehörigen und an Regierungspräsident Florian Luderschmid sowie dem geistlichen Assistenten Dr. Christian Steger für die Ideen und die hervorragende Organisation. Bedankt sei auch Dr. Friedrich, dass er sich die Zeit genommen hat, uns durch das Haus „Wahnfried“ zu führen.
Jörg Steinhoff FamOT
Komtureikanzler