Geistlicher Frauentag 2024
Aus acht Komtureien waren Frauen am Samstag, dem 12. Oktober, in Niederalteich zusammengekommen, um sich unter Leitung von Sr. M. Gratia Rotter mit dem Thema „Leben im Fluss“ zu beschäftigen.
Zu Beginn lud Sr. M. Gratia ein, uns miteinander über eine vorgegebene Fragestellung auszutauschen – und zwar jede mit jeder in eineinhalb Minuten. So war schnell jede Scheu verloren, sich seinem Gegenüber zu öffnen und freimütig zu sprechen. Bevor wir uns dann den geistlichen Impulsen widmen durften, war erst einmal handwerkliches Arbeiten angesagt. Jede durfte einen mitgebrachten Stein mit bunten Fäden aus Wolle umkleiden und mittels Wasser und Seife verfilzen, sodass aus einem harten, kantigen Gegenstand etwas Weiches, Warmes entstand. Diese Art der Wandlung war schon eine sinngebende Hinführung zum Tagesthema „Leben im Fluss“ – belastende Situationen können Aufbrüche zu neuen Strukturen bedeuten.
Die erste spirituelle Einheit führte uns unter dem Motto „Eintauchen in den Fluss“ an das Ufer der Ohe, wo uns Sr. M. Gratia anhand eines Ikonenbildnisses der Taufe Jesu im Jordan die Bedeutung dieses heilsgeschichtlichen Ereignisses in all seinen religiösen Dimensionen näherbrachte. Da die Benediktiner von Niederalteich neben dem römisch-katholischen Ritus auch den byzantinischen Ritus pflegen – in diesem gilt die Taufe, das „Hochfest der Theophanie“, als das Hervorragendste, feierten auch wir ein Taufgedächtnis angelehnt an die byzantinische Zeremonie unter Verwendung gesegneten Wassers aus dem Fluss und sangen das Lied "Ich bin getauft und Gott geweiht“. Sr. M. Gratia hatte für diese Feier einen Ausspruch S. Kierkegaards ausgewählt: „Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber man muss es vorwärts erleben.“ Während wir die Zeichen und Worte auf uns wirken ließen, erklang als Musik „Die Moldau“ von Friedrich Smetana. Ein kurzer Besuch der byzantinischen Kirche St. Nikolaus auf dem Gelände der Abtei mit ihren vielen wunderschönen Ikonen innen sowie außen beeindruckte uns sehr.
Nach einem wohlschmeckendem Mittagessen in der katholischen Landvolkshochschule beschäftigten wir uns mit folgendem Auszug aus dem Prolog der Benediktinerregel „Höre meine Tochter, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens …“ Passend dazu standen wir vor der Statue des heiligen Nikolaus von der Flüe, der den Ruf Gottes an ihn hörte und befolgte, obwohl er dazu seine Familie verlassen musste. Wir hielten eine Andacht und fanden uns dann in Gruppen von zwei bis drei Frauen zusammen, um in einem Ge(h)-spräch eine bestimmte Fragestellung zum Thema „Berufung“ zu erörtern. Dabei sollten wir das uns übergebene Meditationsbild mit einbeziehen. Dieses lässt sich auch im Relief des Brunnens im Park des Bildungshauses wiederfinden, um den wir uns danach versammelten und unsere Gedanken austauschten.
Durch Kaffee und Kuchen gestärkt begann nun die letzte spirituelle Einheit, die uns an das Ufer der Donau führte und für die Sr. M. Gratia einen Satz des Medienphilosophen Rene Bannasch gewählt hatte : „Das Leben ist ein Fluss – solange man verankert ist, wird er nur die ganze Zeit an einem reißen, sobald man aber loslässt, trägt er einen dorthin, wo man sein möchte.“ Wir machten uns Gedanken, was uns festhält und welche Steine unseren Lebensweg behindern, von denen wir uns lösen wollen. Dabei hielten wir eine Andacht mit Gesang und Gebet. In der aufkommenden Abenddämmerung versammelt überlegten wir die Bedeutung der Worte „das Zeitliche segnen“. Jede von uns war aufgefordert, schriftlich zu fixieren, was oder wen sie segnen wolle. Anschließend formulierte jede eine Fürbitte, die von allen anderen mit einem gesungenen „Herr, erbarme Dich“ mitgetragen wurde. Im Schein der dazu angezündeten Kerzen und mit dem gemeinsamen Singen des Taize-Liedes „Bonum est confidere“ klang dieser geistliche Frauentag aus.
Der von Herzen kommende Dank aller Teilnehmerinnen gilt besonders Sr. Maria Gratia für die sorgfältig und intensiv vorbereiteten Impulse und auch Barbara Meyer-Benz für die großartige Organisation und Durchführung. Dieser geistliche Einkehrtag war für uns alle eine große Bereicherung und die vielen guten Impulse werden uns weitertragen.
Christamaria Poßner