Deutscher Orden und Grabesritter bei der „Frankfurter Silberinschrift“
Am 24. März 2025 trafen sich die Ritter und Damen der Komturei „Pater Maximilian Kolbe“ des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem mit der Komturei „An Rhein und Main“ des Deutschen Ordens auf Einladung der Deutschordenskomturei zu einem gemeinsamen Konveniat in Frankfurt am Main. Während der heiligen Messe in St. Leonhard ging P. Jörg Weinbach in seiner Predigt auf die Fastenzeit und das Evangelium des Tages ein. Christus will uns im Armen begegnen. Wo ist der Lazarus in meiner Umgebung? Zeit schenken, Hilfe angedeihen lassen können die Aufgaben sein. Schon der Prolog der Deutschordensregel, der den Kampf mit dem Schwert als heute nicht mehr zeitgemäß definiert, fordert als wahre ritterliche Gesinnung von denen, die in der Ordenstradition stehen ein: Die Herzen zu öffnen und zu handeln.
Anschließend besichtigten die Teilnehmer des Konveniats im Archäologischen Museum unter Führung des Museumsdirektors Dr. Wolfgang David zwei ganz besondere Artefakte: Zum einen das Heilige Grab aus dem 16. Jahrhundert, welches bei der Restaurierung von St. Leonhard aus dem Kirchenboden geborgen wurden, und den Sensationsfund der letzten Jahre schlechthin, die „Frankfurter Silberinschrift“, ein kleines, gerade einmal 3,5 cm großes Silberamulett, darin eingerollt eine dünne Silberfolie, welches in einer Grablege auf dem Areal der römischen Stadt Nida (Frankfurt-Heddernheim) am Hals seines dort bestatteten Trägers gefunden wurde. Sensationell sind nicht nur die Entzifferung der Inschrift auf der nicht mehr entrollbaren Silberfolie mittels eines hochmodernen Computertomographen, sondern vor allem der Inhalt der achtzehn Zeilen selbst, welcher, da sind sich die Experten einig, die Forschung über die Ausbreitung des Christentums und die Spätzeit der römischen Herrschaft rechts des Rheins enorm bereichern wird. Der Text ist nämlich vollständig christlich zu deuten, was für diese Zeit außergewöhnlich ist. Denn das Grab, in dem das Amulett gefunden wurde, ist auf die Zeit zwischen 230 und 260 n. Chr. zu datieren. Einen so frühen, authentischen Nachweis des Christentums nördlich der Alpen gab es bisher noch nicht. Alle Funde sind mindestens 50 Jahre jünger. Auf der Inschrift findet sich eine Nennung des heiligen Titus, eines Schülers und Vertrauten des Apostel Paulus, und die eigentlich erst aus dem 4. Jahrhundert in der christlichen Liturgie bekannte Anrufung „Heilig, heilig, heilig!“ sowie ein fast wörtliches Zitat des Paulus aus seinem Brief an die Philipper. Herr Dr. David ordnete die Frankfurter Grablege in die damalige Zeitgeschichte des Römischen Reiches ein, erläuterte die damals herrschenden Umstände in diesem Weltreich und analysierte den Text des Amulettes als bislang erstes und ältestes Zeugnis über Christen im Frankfurter Raum.
Auch die Funde des Heiligen Grabes wurden von Dr. David mit profundem Wissen eingeordnet in die Zeit der Klöster in Frankfurt im Spätmittelalter (Weißfrauen, Karmeliten, Deutscher Orden mit Hospiz). Die Verehrung des Heiligen Grabes war in der Zeit des 14.–16. Jahrhunderts verbreitet. Das Heilige Grab in St. Leonhard entsprach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem und hatte im Karmelitenkloster mit seinen Wallfahrten große Bedeutung. Es jetzt im Archäologischen Museum, das im ehemaligen Karmelitenkloster untergebracht ist, zeigen zu können, war Herrn Dr. David ein wichtiges Anliegen. Hier stehe es in räumlicher Nähe zu seinem ursprünglichen Standort, der nahe gelegenen St. Leonhard-Kirche und in inhaltlicher Nähe zur ursprünglichen Verehrung bei Wallfahrten.
Die tiefen Einblicke in zwei Zeitepochen, in denen Christen unter ganz unterschiedlichen Umständen ihr Christsein bekannt haben, waren hochinteressant und sehr spannend.
Beim gemeinsamen Ausklang des Konveniats mit einem kleinen Imbiss im nahegelegenen Caritashaus bedankte sich der Komtur der Deutschordenskomturei bei Herrn Dr. David mit einem kleinen Präsent für die ganz außerordentliche Dichte, aber auch die große Empathie für die christlichen Zeugnisse, mit der dieser durch die Ausstellung geführt hatte. Dem Dank schloss sich der Leitende Komtur der Ritter vom Heiligen Grab, Dr. Marcus Dahmen, gerne an. Über die Ordensgrenzen hinweg ins Gespräch vertieft blieben die Teilnehmer der hochinteressanten Veranstaltung noch eine Zeit lang beisammen.
Dr. Dirk Hohn FamOT
Komtur