Gedanken zum Heiligsten Herzen Jesu
Gedanken zum Heiligsten Herzen Jesu
„Dilexit nos“ – „Er hat uns geliebt“, diese Worte aus dem Brief des heiligen Apostels Paulus an die Römer hat Papst Franziskus an den Beginn seiner letzten Enzyklika gestellt, die von der Herz-Jesu-Verehrung handelt. Sie ist, so könnte man sagen, eine Art geistliches Testament, denn sie offenbart die Quelle und den Ursprung seiner Hinwendung zu den Armen und Bedürftigen.
„Er hat uns geliebt“, dieser Satz offenbart das Zentrum des christlichen Glaubens. Am Anfang steht nicht unser Wollen, Handeln oder Verstehen, sondern die Liebe Gottes, die in Christus menschgeworden ist und sich im Kreuzesopfer Jesu auf unüberbietbare Weise offenbart.
Seine Hingabe am Kreuz ist der Grund unserer Hoffnung. Denn in der Taufe wurde jeder von uns mit hineingenommen in das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi – in das Geheimnis der Liebe, die selbst den Tod besiegt.
Hierzu sagt Papst Franziskus:
„Im durchbohrten Herzen Christi sind alle Liebesbekundungen der Heiligen Schrift konzentriert, eingeschrieben in das Fleisch. Es handelt sich nicht um eine Liebe, die bloß erklärt wird, sondern seine offene Seite ist für die Geliebten die Quelle des Lebens, jene Quelle, die den Durst seines Volkes stillt.“ (Dilexit nos 101)
Seit alters her erkennt die Kirche in der von der Lanze geöffneten Seite Jesu, in seinem Herzen, die Quellen der Sakramente und damit ihren eigenen Ursprung. So erklärt sich auch, warum der Evangelist Johannes dieses Geschehen so betont:
„Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres sagt, damit auch ihr glaubt.“ (Joh 19,33-35)
Die aus dem Herzen Jesu hervorströmende Liebe ist jener Fluss, von dem der Prophet Ezechiel spricht. Jener Fluss, der vom Altar des Tempels, also von Gott ausgeht und in die Araba hinab zum Toten Meer fließt; der Fluss, dessen Wasser die Wasser des Toten Meeres heilen und überall, wo er hingelangt, Leben spenden:
„Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können und sehr viele Fische wird es geben. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden sie gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.“ (Ez 47,9)
Dies ist auch ein Bild für das, was die Liebe Christi in unseren Herzen bewirken möchte. Unser Herz soll durch die Liebe Christi geheilt werden, damit sie in uns zu einer Quelle wird, die ewiges Leben schenkt, wie Jesus der Samariterin am Jakobsbrunnen offenbarte:
„Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.“ (Joh 4,14)
Diese Liebe ist es, die Christus wenige Momente vor seinem Tod dazu drängt, seinen Jünger der Mutter und seine Mutter dem Jünger anzuvertrauen. Es geht um mehr als nur die Versorgung Mariens. Wir sehen hier den Anfang aller kirchlichen Gemeinschaft, denn in dem Jünger, den er liebte, vertraut er uns alle, für die er aus Liebe sein Blut vergossen hat, der Fürsprache und dem Schutz Mariens an. Vom Jünger aber heißt es, „von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“. (Joh 19,27) Der griechische Text ist hier prägnanter. Wörtlich übersetzt müsste es eigentlich heißen: „Er nahm sie in das Seine auf.“ Gemeint ist, dass er sie in sein Leben hineinlässt. Nur in Gemeinschaft mit Maria sind wir wahrhaft Kirche, gehören wir wirklich zu Christus, weil seine Mutter auch unsere Mutter ist. In diesem Anvertraut-Sein und Aufnehmen liegt der tiefste Grund für die Marienverehrung in der Kirche.
Für uns als Gemeinschaft des Deutschen Ordens gilt dies besonders, verehren wir doch Maria, zu deren „Haus“ wir gehören, als Schutzfrau des Ordens von Anbeginn. Dem entspricht es, dass die Brüderregel und das Schwesternstatut das tägliche Gebet des Rosenkranzes vorsehen und die Durchführungsbestimmung zum Familiarenstatut ihn in Verbindung mit den täglichen Ordensfürbitten empfehlen. (Vgl. BR 67, SSt 44 und FamD 76)
Die Marienverehrung und insbesondere der Rosenkranz gehören also zur spirituellen DNA unserer Gemeinschaft. Daher erhalten die Kandidaten bei der Investitur einen Rosenkranz mit den Worten: „Nimm den Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria. Er sei dir ein Zeichen, dass du ein Sohn/eine Tochter Mariens bist.“ Wie einst im Abendmahlssaal die junge Kirche sich um Maria scharte und mit ihr im Gebet vereint war, sollen auch wir uns als Gemeinschaft des Deutschen Ordens immer wieder – ja täglich – geistlich um Maria sammeln, indem wir den Rosenkranz für die Kirche Gottes und unseren Deutschen Orden beten.
Aber wie die Jünger nach Pfingsten ausgezogen sind, um den Glauben an den, der sein Herz für uns geöffnet hat, in die Welt zu tragen, dürfen auch wir nicht beim Gebet stehen bleiben, sondern müssen Zeugen jener vollkommenen Liebe werden, die am Kreuz aufgestrahlt ist.
Hierzu schreibt Papst Franziskus in „Dilexit nos“:
„Man darf diese Sendung, Christus bekanntzumachen, nicht nur als etwas zwischen mir und ihm betrachten. Man lebt sie in Einheit mit der eigenen Gemeinschaft und mit der Kirche. Wenn wir uns von der Gemeinschaft entfernen, werden wir uns auch von Jesus entfernen. Wenn wir sie vergessen und nicht für sie Sorge tragen, wird unsere Freundschaft mit Jesus erkalten. Dieses Geheimnis darf niemals vergessen werden. Die Liebe zu den Brüdern und Schwestern der eigenen Gemeinschaft – Orden, Pfarrei, Diözese – ist wie ein Treibstoff, der unsere Freundschaft mit Jesus nährt. Die tätige Liebe gegenüber den Brüdern und Schwestern der Gemeinschaft können der beste, manchmal sogar der einzige Weg sein, um anderen die Liebe Jesu Christi zu zeigen. Der Herr selbst hat das gesagt: »Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt« (Joh 13,35).“ (Dilexit nos 212)
Und hinsichtlich unseres Apostolates in der Welt fügt er an:
„Diese Liebe wird zum gemeinschaftlichen Dienst. Ich werde nicht müde, daran zu erinnern, dass Jesus es sehr deutlich gesagt hat: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). Er schlägt dir vor, ihn auch dort zu finden, in jedem Bruder und in jeder Schwester, besonders in den Ärmsten, den Verachtetsten und Verlassensten der Gesellschaft.“ (Dilexit nos 213)
Und schließlich ermutigt der Heilige Vater jeden von uns:
„Er sendet dich, das Gute zu verbreiten und treibt dich innerlich an. Er ruft dich mit einer Berufung zum Dienst: Du wirst Gutes tun als Arzt, als Mutter, als Lehrer, als Priester. Wo immer du bist, kannst du spüren, dass er dich ruft und dich sendet, diese Mission auf Erden zu leben. Er selbst sagt uns: »Ich sende euch« (Lk 10,3). Dies ist Teil der Freundschaft mit ihm. … Vergiss nicht, dass er dich begleitet. Er wirft dich nicht in den Abgrund und überlässt dich nicht deinen eigenen Kräften. Er treibt dich an und begleitet dich. Das hat er versprochen und das tut er: »Ich bin mit euch alle Tage« (Mt 28,20).“ (Dilexit nos 215)
Liebe Brüder und Schwestern, Gott hat ein Herz für uns Menschen. Am Kreuz hat er es für uns geöffnet, damit wir Menschen nach seinem Herzen werden können und zu einer Gemeinschaft der Liebe. Daher ergießt sich auch weiterhin aus der Seitenwunde Christi jener Strom der göttlichen Liebe, die nie versiegt und sich denen schenkt, die ihn lieben wollen. (Vgl. Dilexit nos 219)
An das Ende dieser Betrachtung möchte ich das Gebet stellen, mit dem Papst Franziskus seine Enzyklika über das Herz Jesu abgeschlossen hat:
„Ich bete zu Jesus, dem Herrn, dass aus seinem heiligsten Herzen für uns alle Ströme lebendigen Wassers fließen, um die Wunden zu heilen, die wir selbst uns zufügen, um unsere Fähigkeit zur Liebe und zum Dienen zu stärken, um uns anzutreiben, zu lernen, gemeinsam auf eine gerechte, solidarische und brüderliche Welt hinzuarbeiten. Und dies so lange, bis wir glücklich vereint das Festmahl im Himmelreich feiern können. Dort wird der auferstandene Christus sein, der all unsere Unterschiede mit dem Licht, das unaufhörlich aus seinem offenen Herzen strömt, in Einklang bringen wird. Gepriesen sei er in Ewigkeit! Amen.“ (Dilexit nos 220)
Ihnen und allen, die Ihnen am Herzen liegen, wünsche ich ein gnadenreiches Hochfest des Heiligsten Herzen Jesu und einen gesegneten Sommer.