Assisifahrt mit Schülern des SGG Niederalteich
1. Tag: Sonntag, 2. September 2018
Nach einer stärkenden Mahlzeit und ein wenig Ausruhen und sich Einrichten in den Zimmern führte der erste Weg die Teilnehmer in die Basilika des hl. Franziskus zur Sonntagabendmesse. Wenn die Schülerinnen von der langen Predigt zu den Texten des 22. Sonntags im Jahr nicht wirklich etwas verstanden, so ermöglichte das ausgelegte Liederbuch und Faltblatt mit den Lesungstexten und dem Ablauf der Liturgiefeier doch ein aktives Mitsingen und Respondieren. Und es erstaunte, wie sehr man sich doch auch in einer fremdsprachigen katholischen Liturgie zu Hause fühlen kann. Ein Spaziergang in den sich dann rasch niedersenkenden Abend beendete mit schönen Eindrücken diesen ersten Tag.
2. Tag: Montag, 3. September 2018
Inhaltlich hatte der zweite Tag in Assisi zwei Schwerpunkte, die Geburt und Jugend des hl. Franziskus, aber auch die römische Vergangenheit der Stadt, die an vielen Gebäuden noch sichtbar geblieben ist, am markantesten an der Kirche Santa Maria sopra Minerva, die mit ihren korinthischen Säulen über der Piazza thront.
Der Tag begann nach einem späten und entspannten Frühstück mit einer kurzen Besinnung in der Stalletta, einem Oratorium, das sich an der Stelle befindet, an der Franziskus geboren wurde. Vor der Chiesa Nova beschäftigte die Gruppe das Verhältnis des Heiligen zu seinen Eltern, und in der Kirche erfuhren die Teilnehmer ein erstes Mal, wie durchdacht Bau- und Bildprogramm einer Kirche sein kann. Anschließend entführte die Reiseleiterin sie auf der Piazza in das muntere Treiben des jungen Francesco Bernardone im Kreis seiner Freunde, aber auch in die römische Vergangenheit und den heiligen Tempelbezirk, der sich einstmals 3 m unter der heutigen Piazza befunden hat. Der restliche Vormittag führte die Schülerinnen in Zweiergruppen in ganz neue Erfahrungen und Begegnungen, indem sie zwei "Challenges" zu bewältigen hatten.
Für den Abend stand die Rocca Maggiore auf dem Programm. Der Weg zur Burg führte über die Basilika San Rufino, über die sich Emilia und Josie schlau gemacht hatten, und die römische Oberstadt, wo an den gerundeten Häuserreihen und Gassen noch das antike Theater und Amphitheater, die im Mittelalter zu Häusern und Gärten ausgebaut wurden, deutlich erkennbar sind.
Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichte die Gruppe die Rocca, wo natürlich zuerst ein ausgiebiger Fototermin und dann ein nicht weniger ausgiebiges Picknick stattfand. Abgerundet wurde der Tag mit einer nächtlichen Fotopräsentation der Challenge-Ergebnisse auf der Dachterrasse.
Das Foto von der Morgenbesinnung in der Stalletta machte Johannes Wildfeuer.
3. Tag: Dienstag, 4. September 2018
Höchster, lichtvoller Gott,
erleuchte die Nacht in meinem Herzen,
und schenke mir rechten Glauben,
gefestigte Hoffnung
und vollendete Liebe.
Gib mir, Herr,
Empfinden und Erkennen,
damit ich deinen heiligen Auftrag erfülle,
den du mir in Wahrheit bestimmt hast.
(Franz von Assisi: Gebet vor dem Kreuzbild in San Damiano)
Dieser Tag sollte die Schülerinnen auf einen ganz besonderen Weg führen. Die Wanderung von San Damiano nach Portiuncola über Rivotorto und den Soldatenfriedhof wurde wegen der besonderen Atmosphäre der Stätten zu einer Reise nach Innen, auf den Grund der eigenen Seele.
Eine kleine Besinnung zu dem Gebet des hl. Franziskus stimmte in die Thematik des Tages ein: Franziskus sucht und findet von Gott her zu einem neuen und sinnerfüllten Leben. Das Gebet des Heiligen kann für junge Menschen, die sich ebenfalls in einer Entscheidungsphase befinden, in der wichtige Weichen gestellt und Lebensentscheidungen getroffen werden, Hilfe sein, zu Ruhe und Klarheit zu finden, offen zu werden für das, was sich am Grund der eigenen Seele regt, für die Hinweise der Menschen, die einem in guter Absicht raten. Die Teilnehmerinnen ließen sich dann auch entsprechend Zeit in der Kapelle vor dem Kreuzbild und tauchten in eine Atmosphäre ein, die beruhigte oder aufwühlte, Gedanken ordnete oder Leere aufzeigte, die nach Fülle verlangt.
Eine besondere Stimmung vermittelte auch der Soldatenfriedhof der gefallenen Alliierten in Rivotorto. Ein berührender Ort der Stille, der an die Opfer erinnert, die mit ihrem Leben für andere Freiheit und Frieden erkämpften. Da wächst Dankbarkeit für die Gnade, Generationen anzugehören, die keinen Krieg erleben mussten, und für die politische Leistung, die diesen Frieden so lange Jahrzehnte schon bewahrt.
Das waren ernste und schwerwiegende Eindrücke, die erst noch verarbeitet werden mussten. So fuhren oder liefen die Mädchen mit vielerlei Gedanken in die Stadt und die Unterkunft zurück, wo sich bald wieder Leichtigkeit und Heiterkeit einstellte beim gemeinschaftlichen Vorbereiten der Abendmahlzeit. Im Gespräch aber klang noch lange vieles nach. Doch jetzt in der letzten Stunde des alten Tages, während der Bericht entsteht, klingt noch unbeschwertes Lachen und immer wieder auch ein gesungener Melodiefetzen durchs Haus. Lachen und Singen, zwei schöne Formen, um Gott, den Schöpfer des Lebens und die Quelle der Freude zu preisen: "Herr, sei gelobt, weil du mich erschaffen hast." (Klara von Assisi)
Das Bild vom Kreuzgang in San Damiano machte Emilia Wagner, das mit dem Blick auf die Gräberreihen der Gedenkstätte Johanna Schmidt.
4. Tag: Mittwoch, 5. September 2018
Am Sonntag nach der Ankunft war das erste Ziel San Francesco gewesen. Die erste Begegnung mit dieser einzigartigen, vollständig mit Fresken ausgestalteten Kirche war überwältigend. Nun war es endlich Zeit, sich näher mit diesem Gotteshaus zu beschäftigen und auch dem Grab des hl. Franziskus einen Besuch abzustatten.
Anhand einer Übersicht zu den einzelnen Fresken in Unter- und Oberkirche informierten sich die Schülerinnen über das bis ins kleinste Detail gestaltete Bildprogramm, das deutlich macht, wie sehr Franziskus das Leben Christi nachahmte, bzw. wie Franziskus für die Menschen zu einem zweiten Christus oder einem fünften Evangelium wurde, in dem die Menschen Christus begegnen konnten. Auch die kunsthistorische Einmaligkeit der Kirche, die in der Malerei die Entwicklung von der byzantinischen zur Rennaissancemalerei aufzeigt, studierten die Schülerinnen durch einen Vergleich der Fresken von Cimabue, Giotto und Lorenzetti.
So war der Vormittag mit reichlich interessanten Informationen gefüllt. Der Nachmittag sollte dafür Freiraum bieten für Erholung und Spiel oder einen Spaziergang zu den vielen idyllischen Orten, die sich in und um die Stadt bieten.
Das Foto von St. Francesco hat Magdalena Bräu geschossen, die vom gemeinschaftlichen Vorbereiten des Mittagessens Johannes Wildfeuer.
5. Tag: Donnerstag, 6. Sept.
Der sonnige Tag lud zu einer Fahrt an den Trasimener See ein. Ein Boot brachte die Gruppe auf die Isola Maggiore. Auch hier hat Franziskus seine Spuren hinterlassen, denn er zog sich einmal für eine Fastenzeit auf die Insel zurück. Heute gibt es auf der Insel nur ein paar Häuser, Souvenirläden und Restaurants, alte Kirchen und ein immer mehr verfallendes Schloss. Die ganze Insel scheint in einer Art Dornröschenschlaf zu liegen. Spinnweben erobern sich die dichten Ölivenbäume, Vögel die hölzernen Tisch- und Bankgruppen, Eidechsen die zerborstenen Strandmolen. Zwischendurch huscht ein Fasan oder Rebhuhn durchs Gebüsch. Obwohl alles arg vernachlässigt wirkt, hat die Insel doch einen ganz besonderen Charme, genauso wie die schlichte Dorfkirche. Die wenigen Touristen, die die Insel besuchen, verirren sich zwangsläufig in das verlassen wirkende Gotteshaus und zünden im Halbdunkel eine elektrische Opferkerze an.
In diesem "knuffigen" Kirchlein war es von ganz besonderer Wirkung, sich mit Franziskus' Auftrag, die Kirche zu erneuern und wieder aufzubauen, auseinandersetzen. "Herr, erwecke deine Kirche und fange bei mir an..." war das Motto der Besinnung, die Johannes Wildfeuer moderierte und mit Sr. M. Gratia gestaltet hatte. Sie gab den Schülerinnen Gelegenheit, die Eindrücke und Erlebnisse der vergangenen Tage Revue passieren zu lassen und sich darüber Gedanken zu machen, wie diese in den Alltag transportiert werden können. Während die Schülerinnen sangen und bei musikalischer Untermalung meditierten und ihre Gedanken verschrifteten, kamen immer wieder Besucher in die Kirche, setzten sich still hinten in die Bänke und verweilten. Kirche beginnt da, wo zwei oder drei sich in Christi Namen versammeln.
Dankbar erlebten die Mädchen das gerade in ihrer Gemeinschaft. Es ist eine Freude ihr Miteinander zu beobachten, wie sie vertraut und aufrichtig miteinander umgehen, gemeinsam unbeschwert und ausgelassen, aber auch tiefgründig sein können, aufeinander schauen und füreinander sorgen und einstehen. Es verwunderte daher nicht, dass das in der Andacht Reflektierte sein Spiegelbild beim gemeinsamen Picknick fand oder dass die besinnliche halbe Stunde genauso ein Highlight des Tages sein konnte wie die gemeinsame Karussellfahrt beim Warten auf die Abfahrt des Bootes.
Als die Gruppe auf der Rückfahrt bei einer Gelateria mit besonders gutem Eis in Santa Maria degli Angeli halt machte, übten gerade zwei professionelle Tanzpaare für eine Performance am Abend. Schnell fasste ein Teil der Gruppe den Plan, zusammen mit Johannes Wildfeuer, nachdem sie sich aufgehübscht und in Schale geworfen hatten, noch einmal von Assisi hinunterzufahren. Allerdings war die Enttäuschung groß, als sich die erwartete Tanzrevue als eine Frisuren- und Modenschau entpuppte. Tja, hätte man das italienische Plakat mit der Ankündigung der Veranstaltung sorgfältiger entziffert ...
Beim Karussellfahren hat Magdalena Bräu fotographiert, das Foto auf dem Boot schoss Johannes Wildfeuer und das Selfie Anna Kagleder.
6. Tag: Freitag, 7. Sept.
Schon nähert sich der Assisiaufenthalt dem Ende. Wir sammeln noch den ein oder anderen Gedanken ein, wie die Kleidungsstücke, die sich überall im Zimmer verteilt haben und allmählich wieder in den Koffer wandern. Deshalb bringt uns der Vormittag nur noch zu den Kirchen, die die Zweiergruppen am ersten Tag als eine der beiden "Challenges" finden und vorstellen sollten. Die Vorträge zeigen, dass sich die Schülerinnen inzwischen in Assisi daheim fühlen und in der Biographie und Spiritualität der beiden Heiligen, Franz und Klara, bewandert sind. Und jedes Team präsentiert seine Kirche anders.
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Am Nachmittag suchte die Gruppe die Einsiedelei der Carceri auf. Das ist eine Waldschlucht etwas oberhalb von Assisi. Hierher zogen sich Franziskus und seine ersten Brüder oft zurück, um in Felsspalten oder schnell aufgeschichteten Grotten unabgelenkt meditieren und beten zu können. Es hätte der aufgestellten Hinweisschilder, die um Schweigen bitten, nicht bedurft. Der Weg in den Walddom, der sich hinter dem Eingangstor auftut, gebietet von selbst ehrfürchtiges Schweigen. Die Eremitage hängt wie ein Vogelnest in der Felswand der Schlucht, nichts möchte hier die Ruhe in ihrem Gleichgewicht stören. Gerne tauchten die Schülerinnen in die Oase der Stille ein.
Zu zweit zogen die Schülerinnen aus, um für sich das Gelände zu erkunden. Allerdings muss man sich einem solchen Ort auch von innen nähern. Darum erhielten die Paare jeweils eine Strophe des Sonnengesangs des hl. Franziskus zugewiesen, mit der sie sich im Gespräch beschäftigen sollten. An solche neuartigen Herausforderungen bereits gewöhnt, ließen sie sich gerne darauf ein. Bereichert durch diesen tiefen Gedankenaustausch trafen sich nach zwei Stunden alle wieder im Eingangsbereich des Heiligtums, wo mancher Austausch sogar noch weiter geführt wurde.
Der Abend klang dann wieder unbeschwert und ausgelassen bei einem weiteren Picknick auf der Rocca aus.
Das Foto in den Carceri stammt von Johannes Wildfeuer, Tabea und Anna im Gespräch wurden von Johanna Schmidt fotografiert. In der Kirche Santa Maria Maggiore singt Magdalena Bräu.
7. Tag: Samstag, 8. Sept.
Wie im Flug sind die Tage in Assisi vergangen. Es gab so viel zu sehen, viel zu viel Interessantes zu hören, immer wechselnde Atmosphären und Impressionen, die es aufzunehmen und zu verarbeiten galt, und dazwischen immer wieder einfach nur die schönen Stunden intensiver und wohltuender Gemeinschaft beim Vorbereiten und Genießen der gemeinsamen Mahlzeiten. Seit gestern schleicht sich aber auch der bevorstehende Schulbeginn unversehens ins Gespräch oder manchen Traum - ein Zeichen, dass es Zeit ist für den Aufbruch, dass das Leben auch auf Ferienreisen nicht still steht, sondern weiter drängt.
Im Kühlschrank und auf dem Küchentisch ist es übersichtlicher geworden. Magdalena zaubert mit Helferinnen aus Nudeln und Resten ein köstliches Mittagsmahl. Der Nachmittag dient dem Ausruhen vor der Fahrt oder dem Abschiednehmen von liebgewordenen Orten.
Am Abend treffen sich alle wieder zum Vorabendgottesdienst in Santa Chiara, zum Pizzaessen in La Lanterna und zu einem letzten Gelati auf der Piazza. Der Blick zurück auf die vergangene Woche bleibt an vielen "magischen Momenten" hängen: Als sich zum ersten Mal bei der Anfahrt von Perugia her die Stadt auf dem Ausläufer des Monte Subasio vor ihren Augen erhob, der Ausblick von der idyllischen Dachterrasse der Casa Bigini, der Sonnenuntergang und das Picknick auf der Rocca, die Ruhe in San Damiano oder in der Einsiedelei der Carceri, aber auch der nächtliche Ausflug zur Modenschau in Santa Maria degli Angeli und der Fußweg zurück in die Stadt. Eigentlich wäre alles und jedes einzelne zu erwähnen, stellen die Mädchen fest, denn "alles, was wir gemacht haben, war schön, weil wir es miteinander gemacht haben - gekocht, gespült, gegessen, Pläne geschmiedet und Programm gestaltet."
Was ist aber das wirklich "Magische" an Assisi? Das Leben der Heiligen, Franziskus und Klara, provoziert und fasziniert noch heute. Weder die Touristenströme noch die Hundertschaften von Souvenirläden mit ihren Auslagen in Dutzendware können die religiöse Aura dieser beiden Gestalten verdrängen. Sie lockt Gedanken und Fragen an die Oberfläche und sie öffnet für neue Erfahrungen und Antworten. Ein Teil der Mädchen hat mich wiederholt am Morgen zu den Eucharistiefeiern in San Damiano oder Santa Chiara begleitet. Diesen Tagesbeginn beschreiben sie nun als ein ganz besonderes Erlebnis. Keine Magie also, sondern Spiritualität. Die Aussagen von zwei Schülerinnen zeigen, in welcher Weise die Botschaft von Franziskus und Klara heute noch wirkt: Die eine freut sich, einen Einblick in die katholische Kirche bekommen zu haben. Die andere spürt zum ersten Mal, was Glauben wirklich heißen und wie er Menschen erfüllen kann.
Damit endet unsere Reise und dieser Bericht. Im Haus ist es wieder still geworden. Die Koffer stehen gepackt neben den Betten. Jeder sucht noch ein paar Stunden Schlaf vor der anstrengenden Rückfahrt, die morgen schon in aller Frühe beginnt. "Pace e bene" - Frieden und Heil war der Gruß des kleinen Mannes aus Assisi in grauer Kutte. Frieden und Heil - beides braucht unsere bedrohte Weltgemeinschaft heute so nötig. Mögen die fried- und heilvollen Tage, welche die zehn Schülerinnen in Assisi erlebt haben, recht lang in ihr Leben hineinleuchten.
Pace e bene!